Hauptseite: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Aco Wiki
 
Zeile 1.366: Zeile 1.366:
Datei:25 jahre Andernach 1973 Festzelt.jpg|<br>Das Festzelt auf dem Firmengelände wartet auf die Gäste. <br> <br>  
Datei:25 jahre Andernach 1973 Festzelt.jpg|<br>Das Festzelt auf dem Firmengelände wartet auf die Gäste. <br> <br>  
Datei:1.1.B00024 1973NNNN Jubiläum 117 bearbeitet.jpg|<br>Im Inneren des Festzeltes ist alles für das Eintreffen der Gäste vorbereitet.<br> <br>  
Datei:1.1.B00024 1973NNNN Jubiläum 117 bearbeitet.jpg|<br>Im Inneren des Festzeltes ist alles für das Eintreffen der Gäste vorbereitet.<br> <br>  
Datei:25 Jahre Andernach HJA.jpg|<br>Rechts Hans-Julius Ahlmann, daneben Marlene Halhuber-Ahlmann und Dr. Emmerich Assmann. <br>
Datei:25 Jahre Andernach HJA.jpg|<br>Rechts Hans-Julius Ahlmann, daneben Katarina Halhuber-Ahlmann und Dr. Emmerich Assmann. <br>
</gallery>
</gallery>
Als in der Nacht nach dem Ende der Feierlichkeiten ein Teil der Zeltstadt abbrennt – die Brandursache konnte nicht geklärt werden – erscheint das wie ein schlechtes Omen für das, was wenige Tage später in Rendsburg geschehen wird.
Als in der Nacht nach dem Ende der Feierlichkeiten ein Teil der Zeltstadt abbrennt – die Brandursache konnte nicht geklärt werden – erscheint das wie ein schlechtes Omen für das, was wenige Tage später in Rendsburg geschehen wird.

Aktuelle Version vom 26. November 2024, 08:10 Uhr

Sprachen:
Deutsch • ‎English

Das ACO-Geschichts-Wiki zum 75-jährigen Jubiläum

1946 nimmt ACO als SAB den Betrieb auf - als Logo dient das Ahlmann´sche Familienwappen mit den beiden Aalen unter dem Wasserspiegel.


Willkommen im ACO-Geschichts-Wiki, das im Jubiläumsjahr von ACO gestartet wird.

Das Wiki enthält spannende Geschichten rund um ACO. Gründungsgeschichte und erste Jahre, Standorte und Tochtergesellschaften, Produkte und Dienstleistungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kunden und Zulieferer, das Arbeitsleben und die Unternehmerfamilie Ahlmann – das sind alles Themen, die im Wandel der Zeiten bildreich dargestellt werden. Interessante Zusammenhänge werden deutlich, Einsichten möglich und auch Amüsantes und Wissenswertes berichtet. Hier erfahren Sie alles darüber, wie aus kleinen regionalen Anfängen im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf schrittweise der global agierende Weltmarktführer im Bereich Entwässerungstechnik entstand.

Das Wiki ist ein lebendiges Projekt, das immer weiter ausgebaut wird. Bis zum 75-jährigen Gründungsjubiläum im Dezember 2021 soll die Historie bis ca. 1977 erforscht und dokumentiert sein und dann in den kommenden Monaten Schritt für Schritt erweitert werden um mehr Geschichte und Geschichten von und über ACO.

Hierzu können Sie gern auch etwas beitragen. Haben Sie Bilder oder Dokumente zur ACO-Geschichte? Fallen Ihnen Storys ein, die „typisch ACO“ sind? Wir freuen uns auf Ihre Beiträge. Kontaktieren Sie uns unter: info@history.aco ! (Stand November 2021)


Die Geschichte von ACO


ACO – Gründung und erste Jahre 1946 bis 1949

ACOs Mutter: die Carlshütte

Markus Hartwig Holler, der Gründer der Carlshütte, in jungen Jahren.

ACO ist eine Ausgründung aus der traditionsreichen, ehrwürdigen Carlshütte, die 1827 – also vor fast 200 Jahren – im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf bei Rendsburg errichtet wird. Die Carlshütte ist das erste Industrieunternehmen auf der jütischen Halbinsel überhaupt, und vor allem: das erste Eisenwerk im dänischen Gesamtstaat. Gründer ist der Kaufmann Markus Hartwig Holler. Er führt in Rendsburg eine florierende Holzhandlung, möchte aber in Büdelsdorf ein Eisengusswerk errichten.

Holler ist ganz auf der Höhe der Zeit. Er hat die Bedeutung des Werkstoffes Eisen für das Jahrhundert erkannt. In einer Eingabe an den dänischen König Friedrich VI. führt er bedeutungsvoll aus:

„Das Wort Eisen ist es, was alles erklärt“.

Er schreibt weiter: Eisen sei „gleich nützlich, ja unentbehrlich, dem Staate und der Landesverteidigung wie dem Haushalte, dem Landmann, den Gewerben, den Bauten und Fabriken“. Nach einem Besuch des dänischen Königs Friedrich VI. im Juni 1829 war der König von Hollers Werk so beeindruckt, dass er auf seiner Rückreise Weisung erteilt, Holler zum Ritter des Dannebrogordens zu ernennen. Auf dem Bild rechts sieht man an Hollers Brust den Dannebrogorden, der als Verdienstorden an treue Diener des dänischen Staates für zivile und militärische Dienste, für besondere Verdienste in der Kunst, den Wissenschaften oder dem Wirtschaftsleben bis heute verliehen wird.

Der Statthalter des dänischen Königs in den Herzogtümern Schleswig und Holstein Carl von Hessen unterstützt die Unternehmung von Anfang an. Zum Dank benennt Holler die Eisenhütte nach ihm „Carlshütte“. Der zur Gründungszeit bereits über 80-jährige Landgraf stammt mütterlicherseits vom englischen Königshaus Hannover ab und ist Schwiegervater des dänischen Königs Friedrich VI. Carl von Hessen ist Urururgroßvater des jüngst verstorbenen Prince Philip, Duke of Edinburgh, Prinzgemahl der britischen Königin Elizabeth II. Dieser verleiht 2006 ACO den "The Queen's Award for Enterprise". So schließt sich gleichsam der Kreis.

Die Queen und Prince Philip bei der Verleihung des "The Queen's Award for Enterprise" an ACO im Jahr 2006.

Carl ist von den Ideen der Aufklärung beeinflusst. Ihn interessieren Kultur und Wissenschaften. Er befasst sich mit Metallkunde und Metallguss. Ein besonderes Faible hat er für die Alchemie. So bemüht er sich bis an sein Lebensende um die Gewinnung von Gold aus der Legierung unedler Metalle. Diese Leidenschaft könnte auch ein Motiv für die Unterstützung der Carlshütte gewesen sein. Davon unabhängig gilt Carl von Hessen jedoch als eifriger Förderer der Wirtschaft und neuer Industrieunternehmungen.

Der zweite Gönner und Protektor der Carlshütte ist der dänische König Friedrich VI. Wie sein Statthalter, Carl von Hessen, ist er den Wissenschaften und der Wirtschaft zugetan. Er lässt sich schnell von Markus Hartwig Holler von dessen Ideen überzeugen. Bei einer Audienz in Rendsburg kann Holler die Pläne für die Hüttengründung persönlich vorstellen. Der König besichtigt sogar die Hüttenbaustelle.

In den kommenden zehn Jahren besucht Friedrich VI. die Carlshütte immer wieder. So schon 1829, als Holler vom ersten Anstich des Schmelzofens berichten kann. 1831 besichtigt Friedrich VI. den begonnenen Hochofenbau, 1835 ist er wieder in Rendsburg. Der fünfte und letzte Besuch des Königs findet 1839 statt: Auf der Carlshütte herrscht Hochbetrieb und Holler kann dem König eine Dampfmaschine präsentieren, die hier gebaut wurde. Der Gründer vergisst nicht, dass der wirtschaftliche Aufschwung nicht zuletzt einigen Privilegien zu verdanken ist, die der Monarch gewährt. Das sind u.a. die zollfreie Einfuhr von Rohstoffen, die zollfreie Ausfuhr der Eisenwaren sowie Schutzzölle gegen ausländisches Produkte.

Der Hochofen arbeitet allerdings nur wenige Jahre. Die Herstellung von Eisen aus Raseneisenerz, das in Schleswig-Holstein in gut verwertbaren Mengen vorkommt, erweist sich als unrentabel, sodass die Verhüttung aufgegeben und auf ausschließlichen Gießereibetrieb umgestellt wird.

In der Carlshütte werden gusseiserne Geräte und Gegenstände für Haushalt, Straßenbau, Landwirtschaft und Schiffbau hergestellt. Faszinierend, dass die Carlshütte Produkte im Programm hat, die ACO heute auch herstellt, allerdings mit anderen Materialien. Das sind Fensterrahmen, Krippen und Tröge sowie Stalleinrichtungen, auch Kanal- und Schachtabdeckungen, Benzinabscheider, Rinnen mit Abdeckrosten, schließlich Sanitärartikel wie Badewannen und gusseiserne Wasser-Klosetts.


Lesen Sie mehr:

- Die Geschichte der Carlshütte bis 1946.

↑ nach oben

Die Familie Ahlmann auf der Carlshütte

Für die Entwicklung der Carlshütte und für die Gründung von ACO wird die Familie Ahlmann eine zentrale Rolle spielen. Die deutsch-dänische Kaufmanns- und Unternehmerfamilie Ahlmann ist seit dem 16. Jahrhundert in Dänemark und in den Herzogtümern Schleswig und Holstein ansässig. Eine erste Verbindung zur Carlshütte stellt Thomas Jörgen Ahlmann, der Ururgroßvater von Hans-Julius Ahlmann, 1840 her. Er kommt mit Holler ins Geschäft und baut im dänischen Fredericia ein Kommissionslager für die Waren der Carlshütte auf. Von hier aus werden die Carlshütten-Produkte in die skandinavischen Länder vertrieben. Damals gibt es keine Vertreter, vielmehr Großhändler, die vertrauensvolle Partner sind.

Thomas Jörgen Ahlmann gründet 1842 zudem die Brennerei & Brauerei „Ahlmann & Co“. Dieser Firmenname, vor allem das daraus abgeleitete Kürzel „ACO“, wird mehr als hundert Jahre später von besonderer Bedeutung werden.

Thomas‘ zweitältester Sohn Johannes Ahlmann übernimmt gemeinsam mit seinem Schwager Dethlef Ohlsen das Geschäft des Vaters, das ab 1878 als „Ohlsen & Ahlmann“ firmiert. Im Folgejahr verlegen die beiden Kaufleute das Kommissionslager der Carlshütte nach Kopenhagen. Hartwig Peter Holler – der Sohn des Carlshütten-Gründers – ist von den Johannes Ahlmanns Fähigkeiten so überzeugt, dass er ihm den Posten des kaufmännischen Direktors in der Carlshütte anbietet, den dieser 1883 annimmt. Die Carlshütte ist zu diesem Zeitpunkt eine Aktiengesellschaft. Johannes Ahlmann modernisiert in den kommenden Jahrzehnten den Betrieb, erweitert ihn und führt neue Produkte ein, vor allem emaillierte Badewannen, mit denen die Carlshütte weltbekannt wird. Im Jahr 1900 sind über 1.000 Arbeiter in dem Unternehmen beschäftigt. Die Kopenhagener Unternehmung wird später an das große dänische Handelsunternehmen Brødrene Dahl verkauft.

1907 tritt Johannes Ahlmanns Sohn Julius in die Carlshütte ein. Julius folgt dem Vater 1919 als kaufmännischer Direktor nach und setzt den erfolgreichen Modernisierungskurs fort. Er stirbt jedoch schon 1931 an einer schweren Erkrankung. Seine Witwe Käte Ahlmann ist entschlossen, das Erbe des Unternehmens für die nachfolgende Generation zu erhalten.

Im Jahr 1937 gelingt es ihr, die gesamten Aktien für die Familie zu erwerben und die Aktiengesellschaft in eine KG umzuwandeln. Käte Ahlmann übernimmt die Leitung der Carlshütte, die fortan ein Familienunternehmen ist. Im gleichen Jahr werden erstmals Teile aus Asbestzement hergestellt. Hieraus entsteht eine Beton-Sparte.

Lesen Sie mehr:

- Die Biographie von Käte Ahlmann bis 1946

- Geschichte der Familie Ahlmann

↑ nach oben

Die Anfänge der Beton-Abteilung – Einsatz von Ersatzstoffen für Eisen

Ersatz von Gusseisenfüßen für Badewannen auf der Carlshütte

Die ab Mitte der 1930er Jahre forcierte Umstellung der deutschen Wirtschaft auf Kriegsproduktion führt in der Stahl- und Eisenindustrie zu Herstellungsbeschränkungen. Metalle sollen im zivilen Sektor eingespart werden, damit sie für die Rüstung verwendet werden können. Zentral ist der Vierjahresplan 1936, mit dem binnen vier Jahren die wirtschaftliche und militärische Kriegsfähigkeit des Deutschen Reichs erreicht werden soll. Im Rahmen des Vierjahresplanes verpflichtet sich die Badewannenindustrie, Modelle mit einem besonders hohen Eisenverbrauch nicht mehr herzustellen. Den Werken wird vorgegeben, ab April 1937 keine Gusseisenfüße bei Einbauwannen zu verwenden. In nur wenigen Monaten findet die Carlshütte Ersatz: Badewannenfüße und Sockel werden vorerst aus Steinzeug verbaut und im Laufe des Jahres auch aus Beton.

Weitere Einsparungen von Eisen

Am 15. August 1937 wird von der Überwachungsstelle für Eisen- und Stahl eine Herstellungsbeschränkung von 30 Prozent gegenüber der Fabrikation vom 1. Juli 1935 bis zum 30. Juni 1936 im Bereich des gesamten Sanitäts- und Kanalgusses angeordnet. Das betrifft die Carlshütte in vollem Umfang. Zunächst kann man auf Lagerbestände zurückgreifen. So verzeichnet die Carlshütte von August bis Dezember 1937 nur einen Rückgang von 17,5 Prozent im Absatz von Gießereiprodukten. Für gusseiserne Unterlegplatten von Dauerbrandöfen werden als Austauschstoff Asbestzementplatten eingesetzt, die dann auch für die Rückwände und Böden von Kohlen- und Gasherden verbaut werden. Mit den Asbestzementplatten werden Eiseneinsparungen von 20 kg pro Herd erreicht. Im Jahresbericht der Carlshütte von 1937 werden die Folgen der Herstellungsbeschränkungen und -verbote beschrieben: „Die Verkaufspolitik während 1937 war deshalb im Wesentlichen durch die Frage der Rohstoffbeschaffung und Verwendung bzw. Schaffung richtiger Austauschstoffe bestimmt.“

Guss-Terrazzo für die Waschbrunnen, Schamotte und Keramik für Öfen

1938 treibt die Carlshütte die Verwendung von Austauschrohstoffen weiter voran. Terrazzo – eine Mischung aus farblich ausgewählten Zuschlagstoffen, Wasser, Kalk und Zement – wird als Guss-Terrazzo für die zuvor aus Gusseisen hergestellten Waschbrunnen der Carlshütte verwendet. Bei den Öfen werden zur Eisenersparnis Schamotte-Zugwände an Stelle der gusseisernen Wände verbaut. Weitere Einsparungen werden durch die Verwendung von Keramik-Aschenschalen erreicht. Neu im Programm der Carlshütte sind Beton-Kesselöfen, die ab März 1938 ausgeliefert werden. Mit der notgedrungenen Verwendung der neuen Materialien, die für eine Eisengießerei nicht charakteristisch sind, entsteht auf der Carlshütte eine Beton-Abteilung, aus der nach dem Krieg die Severin Ahlmann-Betonindustrie (SAB), die spätere ACO Severin Ahlmann, gegründet wird.

↑ nach oben

Josef-Severin Ahlmann – verantwortlich für die Betonabteilung der Carlshütte

Severin Ahlmann, ca. 1944/45, am Fuße der Gartentreppe des Direktorenhauses. Er ist zu Besuch bei seiner Großmutter Wilhelmine Ahlmann.

1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Käte Ahlmanns Söhne Hans-Julius und Josef-Severin werden zum Militärdienst eingezogen. Das Werk übersteht den Krieg weitgehend unbeschadet. Im Mai 1945 kehrt Käte Ahlmanns zweitgeborener Sohn Josef-Severin aus dem Krieg zurück. Schleswig-Holstein, also auch Büdelsdorf, gehören zur britischen Besatzungszone.

Das Familienunternehmen Carlshütte ist von der Militärregierung mit Produktionsbeschränkungen belegt. Jedoch ist ihr erlaubt, Betonteile für zivile Zwecke herzustellen. Es handelt sich um „einfache Bauplatten“, landwirtschaftliche Futtertröge und Zementdachsteine.

Josef-Severin übernimmt im Auftrag seiner Mutter sogleich Leitungsaufgaben im Unternehmen. So kümmert er sich um die Betonfertigung der Carlshütte. Er wird im Alter von 22 Jahren gleichsam Abteilungsleiter der Carlshütten-Betonsparte.

Severins Bruder Hans-Julius kehrt Anfang 1946 ebenfalls aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Er hat bereits seit einigen Jahren Prokura und ist von seiner Mutter als Nachfolger in der Leitung der Carlshütte vorgesehen.




Lesen Sie mehr:

- Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Schleswig-Holstein

- Die Biographie von Josef-Severin Ahlmann bis 1946

- Die Biographie von Hans-Julius Ahlmann sen.

↑ nach oben

Gründung von Severin Ahlmann-Betonindustrie (SAB), später ACO

Im Laufe des Jahre 1946 entscheiden Käte, Hans-Julius und Severin Ahlmann, die Beton-Abteilung als eigenständiges Unternehmen aus der Carlshütte auszugründen. Hintergrund sind Befürchtungen, dass die Carlshütte von den Alliierten demontiert wird. Am 1. Oktober 1946 teilt die britische Militärregierung der Geschäftsleitung der Carlshütte mit, dass das Werk im Rahmen der Reparationsforderungen für die Demontage vorgesehen ist.

Konkreter Anlass für den Zeitpunkt der Gründung noch vor Jahresende sind die Ergebnisse der Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein am 13. Oktober 1946, bei denen die SPD 41,1 Prozent der Stimmen erhält. Es ist zu vermuten, dass die Sozialdemokraten auch bei den für das Folgejahr anberaumten Landtagswahlen die Mehrheit erreichen werden. Die Gefahr besteht, dass sie Enteignungspläne umsetzen. Sozialdemokraten und Gewerkschaften propagieren eine Enteignung von Schlüsselindustrien bzw. von Unternehmen, die in die Rüstungswirtschaft im Zweiten Weltkrieg involviert waren, wozu auch die Carlshütte gerechnet wird. Käte Ahlmann schreibt am 13. Dezember in einem Brief: "Wir hielten diese Maßnahme (gemeint ist die Firmenanmeldung) im alten Jahr doch noch für richtig, da man nie weiss, welche neuen Verbote mit Ablauf dieses Jahres kommen werden."

Um wenigstens einen Unternehmensbereich für die Familie zu sichern, meldet Josef-Severin Ahlmann am 10. Dezember 1946 bei der IHK Kiel die Firma „Severin Ahlmann-Betonindustrie“ an. Aus der SAB, wie man den Firmennamen abkürzt, wird später die ACO.


Lesen Sie mehr:

- Entnazifizierung in der Britischen Zone

- Die Demontagepolitik der Briten in den Nachkriegsjahren


↑ nach oben


Das Programm der Severin Ahlmann-Betonindustrie (SAB, später ACO)

Das zerbombte Kiel im September 1944. Der Blick auf die Holtenauer Straße zeigt das Ausmass der Zerstörung. (Bildquelle: Stadtarchiv Kiel, Sig. 36.311)

Aus dem Schreiben zur Firmenanmeldung wird deutlich, dass schrittweise mit der Fertigung neuer Artikel begonnen werden soll. Drei Produktgruppen sind genannt: Das ist zum einen Baumaterial für den Hausbau wie Hohlblocksteine, Platten und Leichtbauplatten, Balken und Sparren sowie Treppenstufen. Weiterhin sollen Erzeugnisse für den Tiefbau hergestellt werden. Dazu gehören Pfosten, Bürgersteigplatten, Bordsteine, Rohre und Kabelformstücke, Rammpfähle sowie Schachtabdeckungen, Straßenabläufe, Sinkkästen und Klärgruben. Schließlich ist geplant, auch „Nichtbaustoffe“ herzustellen, womit Produkte für den Innenausbau gemeint sind, wie Betonkesselöfenmäntel und insbesondere Terrazzowaren wie Spültische und Waschanlagen.

Die Artikel der ersten und zweiten Produktgruppe stehen, so erläutert Severin Ahlmann, im Vordergrund, da sie „für den Wiederaufbau der zerstörten Städte besonders wichtig“ sind. In Kiel zum Beispiel waren 35 Prozent aller Gebäude zerstört, 40 Prozent waren beschädigt. Bei der künftigen Arbeitsexpansion sollen vermehrt Frauen eingestellt werden. Die Fertigung werde entsprechend eingerichtet.

Das Schreiben schließt mit dem Verweis auf gute Auftragsaussichten, weil die Carlshütte beabsichtigt, die gesamte Betonfertigung sukzessive auf die neue Severin Ahlmann-Betonindustrie zu übertragen.

Lesen Sie mehr:

- Weitere Originaldokumente und Briefe zur Gründung der SAB

↑ nach oben


Firmensitz Rendsburg – Produktionsstätten in Büdelsdorf

Der erste Firmensitz des Unternehmens ist nicht Büdelsdorf, sondern Rendsburg. Die Adresse ist Holsteiner Straße 24. Hier ist auch der Kindergarten der Carlshütte untergebracht. Severin Ahlmann sagt später gern: „ACO wurde in einem Kindergarten an einer Eiderschleuße gegründet.“ Mit der Adresse – in gewisser Entfernung zur Carlshütte – wird der Charakter einer eigenständigen Gründung unterstrichen. Es handelt sich um eine strategische Entscheidung gegenüber den Behörden.

Die Fertigungsstätten aber befinden sich am Hüttenweg in Büdelsdorf auf dem Gelände der Carlshütte. Das Areal samt Gebäude überlässt Käte Ahlmann der SAB in Pacht.

↑ nach oben

Belegschaft und Produkte

Der junge Severin Ahlmann und Paul Meyer.

Die Carlshütte und die SAB sind eng verbunden. Friedrich Sensen, der Stellvertreter Käte Ahlmanns in der Carlshütte, empfiehlt seinen Schwager Paul Meyer als Prokuristen und faktischen Geschäftsführer für die SAB. Meyer wird in den Anfangsjahren für das Unternehmen an der Seite Severin Ahlmanns bestimmend. Er ist maßgeblich am Erfolg der SAB beteiligt.

Zum Zeitpunkt der Firmenanmeldung zählt die SAB nur elf Mitarbeiter. Bald steigt die Mitarbeiterzahl auf 100. Von Beginn an beschäftigt Severin Ahlmann Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und der Sowjetischen Besatzungszone. Sie werden zu einem Erfolgsfaktor des jungen Betriebs.

Lesen Sie mehr:

- SAB-Mitarbeiter der ersten Jahre erinnern sich

↑ nach oben

Das erste Logo der SAB (später ACO)

Das erste Logo der neu gegründeten Severin Ahlmann-Betonindustrie besteht aus einem Wappen mit stilisiertem Ahlmann-Schriftzug. Das Wappen stammt ursprünglich vom Bankhaus Ahlmann in Kiel, womit Severin Ahlmann auf die Familientradition rekurriert. Das Logo steht später Pate für Logos weiterer Ahlmann-Unternehmungen.



↑ nach oben


Arbeit unter erschwerten Bedingungen

Fernsprechverkehr wird für die SAB beantragt, den die Behörden erst fünf Monate später genehmigen.

Die Produktionsgenehmigung für die SAB kommt erst im März 1947. Bis dahin gilt die auf die Carlshütte ausgestellte Erlaubnis.

Die Produktion ist in der Nachkriegszeit keineswegs einfach. Es herrscht überall Mangel. Das gilt für Lebensmittel und Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs genauso wie für Rohstoffe und Energie. Teile der Infrastruktur sind immer noch nicht instandgesetzt. Nahezu alle Ressourcen sind behördlich reglementiert.

Ende März 1947 teilt die Stadt Rendsburg der SAB eine bestimmte Menge elektrischen Strom zu: 15.000 kWh im Monat.

Für die fernmündliche Kommunikation bedarf es einer Genehmigung. Mitte Mai 1947 teilt das Rendsburger Postamt Severin Ahlmann mit, dass seinem Antrag auf „Zulassung zum uneingeschränkten Fernsprechverkehr innerhalb der britischen Zone“ stattgegeben wird. Hierauf hat er längere Zeit warten müssen. Sechs Monate zuvor war der Antrag gestellt worden. Eine vorhandene Rufnummer – die 2555 – kann Severin Ahlmann behalten. Zudem erhält er die Möglichkeit, unter Vorwahl einer bestimmten Kennziffer den Vorrang eines Gesprächs anmelden.

Die Gründung von Ahlmann & Co. in Andernach

Eisengießerei und Emaillierwerk von Ahlmann & Co. in Andernach nach Fertigstellung. Die Bauarbeiten beginnen im Mai 1949.

Am 1. November 1948 wird im rheinland-pfälzischen Andernach die Firma Ahlmann & Co. gegründet. Auch mit dieser Gründung wird – wie zwei Jahre zuvor bei der Severin Ahlmann-Betonindustrie – das Ziel verfolgt, die Familie und ihre unternehmerischen Aktivitäten angesichts der ungewissen politischen und wirtschaftlichen Zukunft abzusichern. Andernach liegt in der französischen Besatzungszone. Man hofft, dass hier Demontage- und Enteignungspläne weniger intensiv oder gar nicht verfolgt werden. Zudem ist Käte Ahlmann, die aus dem Rheinland stammt, der Region eng verbunden.

Ein weiterer Grund für die Familie Ahlmann, sich abzusichern, ist der beginnende „Kalte Krieg“. Die Blockade Berlins durch die Sowjetunion schürt die Angst vor einer Eskalation. Das weiter von der Ostzonengrenze entfernte und vor allem jenseits des Rheins liegende Andernach erscheint als ein „sicheres Ausweichquartier“, falls die Rote Armee bis zum Rhein vorstößt.

Rein wirtschaftliche Beweggründe spielen auch eine Rolle. In Andernach sollen eine Eisengießerei und ein Emaillierwerk errichtet werden. Die Produktionspalette entspricht der der Carlshütte: Wannen, Waschanlagen aus Gusseisen und andere Sanitärgusserzeugnisse. Mit dem neuen Werk geht es um eine Erweiterung der Carlshütte, die die französische und amerikanische Zone mit diesen Produkten versorgen soll.

Anfang Februar wird das Vorhaben bewilligt. Ende Mai 1949 beginnen die Baumaßnahmen, die dann zügig vorangehen. In den folgenden Jahren kommt es zu einem personellen Austausch zwischen der Severin Ahlmann-Betonindustrie (SAB) und der Neugründung im Rheinland. Damit geht ein fruchtbarer Wissenstransfer einher.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Ahlmann & Co. liefert später das Kürzel für den heutigen Namen der Gruppe: ACO. Im Unternehmen bezieht man sich gern auf Thomas Jörgen Ahlmanns Firma Ahlmann & Co. von 1842 in Fredericia, erinnert sich später Josef-Severin Ahlmann.

Maria Luise und Severin Ahlmann im Direktoriumsbüro der SAB. Severins Ehefrau wirkt im Unternehmen mit.

Lesen Sie mehr:

- Zur Gründung von Ahlmann & Co. in Andernach

↑ nach oben

Die SAB im Jahr 1949

Käte Ahlmann wird im Entnazifizierungsverfahren entlastet, die Konten werden entsperrt, die Carlshütte wird nicht demontiert.

Eine Rückgliederung der Betonproduktion in die Carlshütte ist aber kein Thema. Die SAB bleibt ein eigenständiges Unternehmen, sie hat sich etabliert und ist auf Wachstumskurs. 1949 liegt der Umsatz bei 665.000 DM, das ist mehr als das Vierfache vom Umsatz zwei Jahre zuvor. Die Zahl der Kunden kann im selben Zeitraum verdoppelt werden. 1949 sind es 550.

Severin Ahlmann hat mittlerweile geheiratet. Seine Frau Maria Luise, geborene Guthe, arbeitet im Unternehmen mit. Einen Einblick in die Frühzeit des Unternehmens gibt ein von Severin Ahlmann im Jahr 1949 gefertigtes Fotoalbum.

Hier können Sie das gesamte Fotoalbum durchblättern.

↑ nach oben

Severin Ahlmanns Wirken für Carlshütte und SAB (ACO) 1949 bis 1956

Die Geschäftsentwicklung der SAB (ACO) Anfang der 1950er Jahre

Das SAB-Gelände an der Vorwerksallee zu Beginn der 1950er Jahre.

Die junge SAB entwickelt sich in den Anfangsjahren äußerst positiv. Bei Abschluss des vierten Geschäftsjahres 1950 übertrifft der Umsatz mit 1.600.000 DM den des ersten vollen Jahres 1947 um mehr als das Zehnfache. Der Kundenstamm hat sich in dieser kurzen Zeit beinahe verfünffacht, auf 965. Noch kommen die meisten Kunden aus dem Norden Deutschlands, aus Schleswig-Holstein und dem Raum Hamburg. Severin Ahlmann teilt jedoch schon 1951 mit, dass es „in steigendem Maße gelang, die deutschen Märkte südlich der Elbe zu erschliessen.“

Die Belegschaft ist bis ins Jahr 1951 von den anfänglichen elf Mitarbeitern auf rund 100 gestiegen, was den positiven Trend bestätigt.

Konnten ganz zu Beginn umfangreichere Bestellungen von Kunden aufgrund der begrenzten Produktionskapazitäten oft noch nicht bearbeitet werden, bessert sich dies Anfang der 1950er Jahre. Es wird kräftig investiert: Neue, moderne Maschinen machen höhere Auftragsvolumina möglich. Wenn die Produktion zudem mehr Flächen zur Entfaltung hätte, könnte sogar noch mehr gemacht werden.

Im Frühjahr 1951 betont der Firmengründer die „Bedeutung unseres Unternehmens im Rendsburger Wirtschaftsraum“. Die kommunalen und Landesbehörden sehen es ähnlich und fördern die junge Firma; dies auch deshalb, weil Severin Ahlmann seine Produktion auf drängende, ganz aktuelle Probleme zugeschnitten hat. Die SAB fertigt Artikel, die für den Wiederaufbau benötigt werden.



↑ nach oben

Rohstoffsicherung – Der Erwerb des Kieswerks Mielberg

Das 1950 von der SAB erworbene Kieswerk Mielberg.

1950 sichert sich die SAB die künftige Versorgung mit dem sogenannten Zuschlag. Damit werden Gesteinskörnungen bezeichnet – von Sand bis Kies – die bei der Betonherstellung mit Wasser und Zement als Bindemittel zusammengeführt werden.

Severin Ahlmann erwirbt im Februar 1950 von der Firma Struve & Weyhe das Kieswerk in Mielberg, Gemeinde Jagel, in Schleswig. Der Kauf umfasst eine Werkstatt, ein Silo, verschiedene Maschinen, etwa Schrapper- und Siebanlagen, Förderbänder, Pumpen und Elektromotoren sowie eine Vielzahl an Kleingeräten. Und es gehören auch die Förderrechte dazu. Struve & Weyhe hatte 1943 einen Ausbeutungsvertrag für ein etwa drei Hektar großes Grundstück des Mielberger Bauern Johann Gerold abgeschlossen. Damit konnte die Firma aus dem dortigen Boden Steine, Kies und Sand gewinnen.

Alle bestehenden Lieferverpflichtungen übernimmt die SAB ebenso wie die Arbeitsverträge der bis dahin in der Kiesgrube Beschäftigten.


↑ nach oben

Unternehmerische Aktivitäten der Ahlmanns in der jungen Bundesrepublik

Drei soeben fertiggestellte Wohnblocks der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft A an der Büdelsdorfer Elchstraße. Im Oktober 1950 können die ersten Wohnungen bezogen werden. Rechts im Bild eine Baracke der vormaligen Behelfssiedlung.

Die SAB ist für Severin Ahlmann in den 1950er Jahren aber „nur“ ein Baustein in einem Firmenkomplex, in dessen Zentrum die Carlshütte steht.

Nachdem Demontage- und Enteignungspläne der Carlshütte abgewendet sind, widmet sich Käte Ahlmann einer Fülle von neuen Aktivitäten. Hierbei entfaltet die mittlerweile fast sechzigjährige Unternehmerin einen enormen Elan. Ihre Söhne Severin und Hans-Julius sind mit Leidenschaft und Weitblick dabei.

Um einen Beitrag zur Linderung der weiterhin akuten Wohnungsnot zu leisten, gründet die Familie Anfang 1949 die „Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft A GmbH“. Neben der Carlshütte finanziert auch Severins SAB die neue Gesellschaft, die vor allem günstigen Wohnraum für die vielen Heimatvertriebenen schafft. Im September 1949 kann das Richtfest für den ersten Bauabschnitt einer Siedlung mit 36 Wohnungen gefeiert werden.

Mit dem Aufschwung, den die Carlshütte wieder nimmt, und mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung der SAB wird das Transportaufkommen auch immer größer. Im September 1950 wird deshalb die Ahlmann-Transport KG gegründet. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgt am 25. Oktober 1950. Severin Ahlmann ist Inhaber, sein Bruder Hans-Julius erhält Prokura. In Hamburg und Bremen werden Niederlassungen eröffnet. Die neue Firma befördert Güter mittels Lastkraftwagen und der Bahn. Sie befrachtet außerdem Schiffe. Mehr noch: die Ahlmann-Transport KG agiert als Reederei, sie unterhält Linien und beauftragt den Bau von Schiffen, die vielfältig eingesetzt werden. Friedrich Sensen, Vertrauter Kätes und die graue Eminenz der Carlshütte, wirkt als Geschäftsführer der Ahlmann Transport KG an entscheidender Stelle mit.

Die Investitionen in Schiffe erfolgt vor allem aus drei Gründen: Die Carlshütte liegt weit entfernt von ihren Rohstoffquellen, zum Teil auch von den Gebieten, in denen ihre Erzeugnisse verkauft werden. Großer Vorteil ist aber die Lage an der Obereider, mit Zugang zum Nord-Ostsee-Kanal. Außerdem hat sie eine Vergangenheit im Schiffsbau. Eine werkseigene Schiffswerft wurde 1847 an der Eider errichtet, und sie unterhält traditionell einige Schiffe, die dem Namen „Carlshütte“ mit fortlaufenden Nummern tragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die deutsche Handelsflotte zerstört und soll von deutschen Unternehmen rasch wieder aufgebaut werden. Die Erstellung neuen Schiffsraums wird daher steuerlich gefördert.




↑ nach oben

Der Weg nach Übersee

Die CIANDRA wird an Severin Ahlmann (rechts im Bild) übergeben.
Am Schornstein des Schiffes das damalige Firmenlogo der Ahlmann-Unternehmungen mit den beiden Aalen unter dem Wasserspiegel.

Weitere Schritte im Transportwesen folgen. So wird im April 1951 mit der Translanta GmbH eine selbstständige Reederei gegründet. Sitz des Unternehmens ist Rendsburg.

Auch für die Translanta werden eigens neue Schiffe gebaut: die 1952 und 1953 in Dienst gestellten Hochseeschiffe COLONIA und CIANDRA.

Die Schiffe sind mit „besonders hübsch eingerichteten Passagierräumen“ ausgestattet. Aufsehen erregen die von Severin designten Salons mit verspiegeltem Fußboden und Kuhfellteppichen, die von Kühen vom Hof Ahlmann auf der Carlshütte stammen, die dort grasen, wo heute das „Rondo“ ist. Natürlich fehlen auch die Badewannen von der Hütte nicht – seinerzeit ein geradezu unerhörter Luxus auf Schiffen dieser Klasse.

Die COLONIA und CIANDRA fahren auf der Ahlmann-Transcaribbean-Line von den Großen Seen in Kanada in die Karibik: in der Nachkriegszeit die erste Route deutscher Schiffe zwischen ausländischen Häfen.

Severin Ahlmann ist in dieser Zeit sehr viel geschäftlich auf Reisen, vor allem in die USA und nach Kanada. In nur zwei Jahren wird er es auf mehr als 500 Flugstunden bringen. Es gilt, Anschluss an die internationalen Entwicklungen zu finden und den Namen „Ahlmann“ weltweit zu positionieren. Zum einen informiert er sich gemeinsam mit Führungskräften der Carlshütte eingehend über die neueren Entwicklungen auf dem Gebiet der Gießerei- und Emaillierindustrie sowie im Maschinen- und Anlagenbau. Zum anderen sollen neue Absatzmärkte erschlossen werden, nachdem diejenigen in Osteuropa durch den Eisernen Vorhang verloren sind.




1951 beginnt Severin Ahlmann in Kanada in der Provinz Quebec in dem kleinen Ort Grand-Mère zusammen mit einem amerikanischen Partner mit dem Aufbau der Adanac Foundry Industries Ltd, der kanadischen Tochtergesellschaft der Carlshütte. Hans Schlothfeldt, langjähriger Gießereileiter der Carlshütte, übernimmt den operativen Aufbau des Werks vor Ort. Grand-Mère markiert den Beginn der Globalisierung der Ahlmann‘schen Unternehmungen, die auch für ACO eine Rolle spielen wird: Ein Paradigma wird etabliert, das eine Vorbereitung für das spätere „ACO worldwide“ ist.


↑ nach oben

Tod eines Hoffnungsträgers – Geburt eines Erben 1952

Auf der Rückfahrt von einer Inspektionsreise zur Bremer Lürssen-Werft erleidet Severins Bruder Hans-Julius Ahlmann einen schweren Autounfall. Er verliert die Kontrolle über seinen Wagen und fährt gegen einen Brückenpfeiler. Im Krankenhaus kommt es durch zertrümmerte Röhrenknochen zu einer Lungenembolie. Am 8. Januar 1952 stirbt er, einen Monat vor seinem 33. Geburtstag. Die Familie ist fassungslos. Auf den ältesten Sohn von Käte Ahlmann hatten sich viele Hoffnungen gerichtet. Er war bereits als Nachfolger im Unternehmen Carlshütte etabliert.

Drei Monate später bringt seine Witwe Juliane am 14. April 1952 Hans-Julius‘ Sohn zur Welt. Der Sohn wird auf den Namen seines Vaters getauft. Am 19. April, der seit jeher als Hüttentag gefeiert wird, begeht die Carlshütte ihr 125-jähriges Gründungsjubiläum. Severin Ahlmann soll nun als Nachfolger im Familienunternehmen eingesetzt werden. Daher bittet Käte Ahlmann ihre Schwiegertochter noch im Kindbett, alle Firmenanteile des Neugeborenen auf Severin zu übertragen. Juliane akzeptiert, und so geht Josef-Severin Ahlmann gestärkt in eine neue Schaffensphase.




↑ nach oben

Die weitere Entwicklung des Firmengeländes der SAB (ACO)

1952 erwirbt Severin Ahlmann ein Gelände von der Stadt Rendsburg, mit dem die SAB entscheidend expandiert.

Schon wenige Monate nach dem Start der SAB war deutlich geworden, dass das Unternehmen mehr Platz für die Fabrikation benötigt. Noch in der zweiten Jahreshälfte 1947 pachtet Severin Ahlmann deshalb Flächen des angrenzenden Holzhandelsunternehmens H.F. Timm hinzu. Es handelt sich hierbei nur um einen Unterpachtvertrag, denn Timm selbst hat das Gelände von der Besitzerin, der Stadt Rendsburg, gepachtet.

Die SAB erwirbt zunächst Grundstücke östlich von H.F. Timm auf einem sogenannten Ausdehnungsgelände. Die Gleise der Werksbahn Carlshütte durchschneiden dieses Areal am nördlichen Eiderufer. Jetzt umschließt das Gelände der SAB den Holzhandel Timm nahezu vollständig.

Im Frühjahr 1951 tritt Severin Ahlmann in Verhandlungen mit der Stadt Rendsburg, um das Timm-Areal zu kaufen – und zwar das gesamte, nicht nur den untergepachteten Teil. Im Anschreiben führt der Unternehmer die Erfolgsgeschichte und „große Initiative“ der SAB ins Feld. Er betont zudem die zukünftige Bedeutung des Unternehmens für die Stadt und den Rendsburger Wirtschaftsraum: Größere Umsätze, mehr Arbeitsplätze und höhere Steuerzahlungen können nur auf Grundlage der geplanten Expansion generiert werden.

Im März 1952 sind die Bemühungen von Erfolg gekrönt: Die Stadt verkauft Severin Ahlmann die insgesamt vier Flurstücke von zusammen gut 4,3 Hektar für 350.000 DM. Davon 80.000 DM für das eigentliche Grundstück und 260.000 DM für verschiedene Aufbauten, 10.000 DM kostet diverses Inventar. Zu den Bestandsbauten gehört auch die „Thormannhalle“.

↑ nach oben

Die ersten Ahlmann-Schwenkschaufler 1952/53

Severin Ahlmann (links) und Paul Bachmann, Verantwortlicher für den Vertrieb der Schwenkschaufler, auf der Hannover-Messe im April 1953 mit einem der Prototypen des damals noch „Ahlmann all round“ genannten Schwenkschauflers.

Der innerbetriebliche Transport sowohl auf der Carlshütte als auch bei der SAB soll rationalisiert werden. Severin Ahlmann unternimmt mit Führungskräften der Carlshütte wie dem Prokuristen Friedrich Sensen und dem Gießereileiter Hans Schlothfeldt Reisen in die USA, um sich mit der dortigen rationellen Organisation von Arbeitsvorgängen zu befassen. Das Team wird auf Gabelstapler und Schaufellader aufmerksam, von denen dann einige über den Importeur Stinnes erworben und ab März des Jahres 1952 eingesetzt werden.

Die Belegschaft ist anfangs skeptisch, nicht selten hört man, wenn der Stapler auf den für Fahrzeuge dieser Art wenig geeigneten Wegen stecken bleibt: „Smiet dat Ding in de Eider!“ Doch das ändert sich bald und es heißt: „Wo ist der Stapler?“ Es müssen zwei weitere Geräte angeschafft werden.

Die Idee kommt auf, Schaufellader auf der Carlshütte herzustellen. Ein Hintergrund für die Initiative ist, dass das erste taube Eisen aus den Kupolöfen als Gegengewicht verwertet werden kann. Es war Hans-Julius gewesen, der den Gedanken gehabt hatte.

Severin Ahlmann widmet sich nun verstärkt diesem Thema, zumal ihm in der SAB sein Prokurist Paul Meyer den Rücken freihält. Er betraut im Frühjahr 1952 den jungen kaufmännischen Angestellten Rolf Schönrock mit einer Marktuntersuchung, die vielversprechend ausfällt. Severin ruft eine Kernmannschaft für das Schaufler-Projekt zusammen. Sie besteht aus dem Schiffbau-Ingenieur Hans Boll, der sich bereits beim Bau der Ahlmann-Schiffe COLONIA und der CIANDRA bewährt hat, dem Maschinenbau-Konstrukteur Hoffmann, dem Fahrer des Schaufelladers auf der Carlshütte Reimers und schließlich Rolf Schönrock.

Im November 1952 reist das Team nach Schweden, um hier den All-Round Schaufellader der Firma LECAB zu begutachten. Dieser verfügt über eine nach beiden Seiten schwenkbare Schaufel. Auf Basis des LECAB-Schauflers sollen drei Prototypen eines eigenen Ahlmann-Schwenkschauflers bis zur nächsten Industriemesse 1953 in Hannover angefertigt werden. Ein ambitioniertes Ziel, das trotz einiger Rückschläge und interner Widerstände erreicht wird.



Die Messe verläuft aber nicht ohne Pannen: Bei der Vorführung für einen Schweizer Steinbruchbesitzer platzt ein Hydraulikschlauch. Schönrock lenkt schnell ab, wie er selbst berichtet, mit „Leckereien und geistigen Getränken“. Man kommt ins Geschäft. Es gelingt generell, das Interesse des Publikums zu gewinnen. Die erste kleine Serienanfertigung läuft an. Der Ahlmann-Schwenkschaufler beginnt seinen Siegeszug und wird ein Synonym für unternehmerisches Handeln, Risikobereitschaft, Wille zur Diversifikation und Organisationsgeschick.

↑ nach oben

AHLMOPLAST – die Anfänge der Kunststoffproduktion

Unternehmerische Kreativität zeigt sich auch beim Ausgriff auf ein gänzlich neues Material, wie seinerzeit schon geschehen, als die Carlshütte mit der Betonfertigung begonnen hatte. 1953 gründen Käte und Severin Ahlmann in Delmenhorst zusammen mit Hans Günter Möller die AHLMOPLAST GmbH & Co. KG, mit dem die Kunststoffproduktion im ACO-Carlshütten-Kosmos beginnt.

Am Anfang steht die Idee, anstatt Gusseisen für die Herstellung von Badewannen glasfaserverstärkten Polyester einzusetzen. Die Nachfrage am Markt speziell für Badewannen ist aber noch gering, so wird mit dem Werkstoff eine Reihe anderer Produkte hergestellt. Das sind unter anderem Unterwassermassagebehälter und moderne Stühle im zeittypischen Stil, die an das Design von Charles und Ray Eames erinnern. Leicht, bequem und formschön präsentieren sich die Sitzschalen in vielen Farbvarianten.

Ein Großauftrag kommt vom Mineralölkonzern Shell: 1956 wird die ikonische Shell-Muschel aus AHLMOPLAST vorgestellt. Die Werbeleuchte besteht aus zwei AHLMOPLAST-Schalen, die von innen beleuchtet sind. Nach und nach sollen alle großen Shell-Tankstellen mit AHLMOPLAST Muscheln ausgestattet werden.



↑ nach oben

AHLMOWELL aus Andernach

Auch in Andernach wird die Kunststoffproduktion aufgenommen. Das Unternehmen produziert Platten, die unter dem Markennamen AHLMOWELL, später ACOWELL, angeboten werden. Soweit bekannt, taucht hier erstmals das spätere Unternehmenskürzel ACO in Form eines Markennamens auf.

Auf der Berliner Industriemesse im September 1956 werden die in Andernach produzierten AHLMOWELL-Polyester-Wellplatten erstmals vorgestellt. Sie können nach einem selbstentwickelten Fertigungsverfahren in vielen Farben transparent und undurchsichtig hergestellt werden. Sie sind vielfältig einsetzbar und dienen etwa als Terrassenüberdachung, Windschutzwand oder als Parkhalle. Beispielsweise sind sie im Rendsburger Freibad zu finden: Ein Lichtband aus gelbem AHLMOWELL ziert das Freibad.



↑ nach oben

Auf der Hannover-Messe 1955 bewirbt Severin Ahlmann die Betonfenster mit einem weithin sichtbaren Messestand.

Die Anfänge der Betonfensterproduktion

Im März 1954 schließt die SAB einen Lizenzvertrag zur Fertigung von Betonrahmenfenstern mit der Firma Hans Bördlein, einer Betonwarenfabrik im unterfränkischen Reith. Die Fenster sind für den Hochbau, vorwiegend zum Einsatz in landwirtschaftlichen Gebäuden bestimmt. Parallel dazu wird in Rendsburg eine eigene Betonfensterkonstruktion für den Industrie- und Landwirtschaftsbau sowie für Keller im Wohnungsbau entwickelt. Im Verlauf des Jahres 1956 beginnt die SAB Büdelsdorf Fenster nach eigenem Muster zu produzieren. Die Lizenz ist bald nicht mehr erforderlich.

Die Entscheidung, in den Fensterbau einzusteigen, erweist sich als wegweisend. Die Produktion von Betonfenstern wird über mehr als 30 Jahre zum „Brot- und Butter-Geschäft“ des Unternehmens. Die Absatzmengen sind hoch, die Margen ebenfalls.

Es war der weitblickende erste SAB-Geschäftsführer Paul Meyer, der sich für dieses neue Geschäftsfeld stark gemacht hat. Jahre später schreibt Severin Ahlmann ihm dankbar: „Mich beschäftigt häufig der wirklich großartige Entschluss vor Jahren, die Betonfenster in das Fabrikationsprogramm aufzunehmen. Sie haben mit dem damaligen Vorschlag SAB einen Entwicklungssprung ermöglicht, der uns bei der etwas labilen Gußwaschanlagenabhängigkeitssituation zur CH von besonderer Bedeutung ist.“

Der Betonfensterbau eröffnet eine Kontinuitätslinie, die mit dem Fenstersegment aus Kunststoff bis heute bei ACO lebendig ist.




↑ nach oben

Das Produktportfolio der SAB (ACO) in den 1950er Jahren

Mitte der 1950er Jahre umfasst das Portfolio der SAB drei wesentliche Produktsegmente: Die reinen Betonerzeugnisse, die Sanitärartikel aus Kunststein sowie die Betonrahmenfenster.

Auf den Start Ende 1946 mit Dachsteinen, Futtertrögen und einfachen Betonplatten folgte rasch die Fertigung von Schwerbeton-Röhren für den Tiefbau. Auch jetzt machen sie unter den Betonwaren der SAB noch den Hauptteil der Produktion aus. Es werden massive Rohre von filigranen 100 Millimetern bis zu wuchtigen 1.000 Millimetern Durchmesser als Formteile gegossen. Zum Einsatz kommen sie hauptsächlich im Kanalisationsbau, für einfache Wasserführungen und Hausanschlüsse, bis hin zur Schachtanlage. Hierfür sind sogar Schachtringe von bis zu zwei Metern Durchmesser im Programm. Im Straßenbau werden aus Beton gegossene Straßenabläufe, Bordsteinschwellen und Gehwegplatten eingesetzt. 1954 stehen hier die Zeichen auf Produktionsausweitung. Es wird in eine automatische Hochleistungspresse für Bürgersteig- und Fußbodenplatten investiert.

Für den Hochbau stellt SAB Fertigteile aus Stahlbeton und Kunststein her. Dazu gehören Treppenanlagen – als Einzelstufen oder Komplettsystem – Umrahmungen für Türen und Fenster zur Montage in der Fassade, außerdem Fensterbänke. Diese Artikel kommen vorwiegend im sozialen Wohnungsbau zum Einsatz. Beispielsweise werden Wohnungsgroßbauten in Kiel-Wellingdorf mit montagefertigen Hochbauerzeugnissen ausgestattet.

Neben der Serie bedient die SAB auch Sonderanforderungen der Bauwirtschaft. Für den Brückenbau sind das etwa Abdeckplatten aus Stahlbeton und Gleisbohlen. Der Bau von Fernheizleitungen erfordert Fertigteilkanäle. Für solche Projekte erarbeiten die SAB-Ingenieure jeweils maßgeschneiderte Lösungen.

Kunststein ist etwa Marmorkorn. Er unterscheidet sich vom Schwerbeton in Güte und Körnung der Kiesmischung und der Zuschlagstoffe. In Schliff und Politur der formgegossenen Teile sind herausragende Optik und Oberflächeneigenschaften zu erreichen. Produziert werden in erster Linie Sanitärobjekte, etwa Großwaschanlagen, als Rundwaschanlagen oder Rinnenausführung. Außerdem Spülausgüsse, Spül- und Waschbottiche sowie Fuss- und Brausewannen. Spezialitäten sind Arbeitstischplatten für den Eisverkauf.

Die Pendants zu den SAB-Sanitärartikeln aus Marmorkorn stellen Carlshütte sowie Ahlmann & Co. Andernach mit emailliertem Gusseisen her. Das Produktportfolio der Carlshütte und Ahlmann & Co. Andernach geht darüber hinaus. In der Summe bieten die drei Firmen der Ahlmanns eine diversifizierte Palette an Produkten für Sanitär und Haushalt. In den 1950er Jahren sind diese am gleichartig verwendeten Namenszug als Markenprodukt zu erkennen. Die Produkte werden auch in einem gemeinsamen Katalog präsentiert.

↑ nach oben

Familiäre Veränderungen

Die Hannover-Messe 1955 hat nicht nur für den Erfolg der Schwenkschaufler, sondern auch für die weitere Entwicklung der Ahlmann‘schen Unternehmungen entscheidende Bedeutung. Die Dame, die die Schwenkschaufler vom oberen Geschoss des Messepavillons aus mit ihrer angenehmen Stimme dirigiert, heißt Maria Jänicke. Sie ist die Tochter eines Verlegers. Josef-Severin Ahlmann verliebt sich in die attraktive und polyglotte Frau. Sie wird seine neue Partnerin. Im provinziellen Büdelsdorf erregt die Erscheinung bald einiges Aufsehen.

Nur wenige Wochen nach dieser Begegnung – im Juni 1955 – führt Severin Ahlmann ein Gespräch mit seiner Mutter Käte über die Zukunft der Carlshütte. Er wählt seine Worte wohl nicht besonders geschickt, denn Käte versteht es so, als ob ihr Sohn sie aus der Leitung des Unternehmens drängen will. Sie vermutet, dass die Initiative dazu nicht von ihm, sondern von seiner neuen Frau ausgeht. Ihr Verhältnis zu Maria ist ohnehin nicht das beste.

Es kommt zum Streit, der im Februar 1956 eskaliert. Käte Ahlmann lässt die ihrem Sohn erteilte Generalvollmacht für die Carlshütte für ungültig erklären. Eine Zusammenarbeit scheint nicht mehr möglich.

Im Herbst unterbreitet Käte ihrem Sohn den Vorschlag einer Trennung: Severin soll im Tausch gegen seine Anteile an der Carlshütte die Tochterfirma in Andernach erhalten. Als prospektiver Haupterbe der Carlshütte ist nun Severins Neffe, der vierjährige Hans-Julius, vorgesehen. Die SAB (ACO) bleibt von dieser Regelung unberührt, also weiterhin im Besitz von Severin Ahlmann. Severin stimmt der Trennung schweren Herzens zu.

↑ nach oben

Zwischen Rendsburg und Andernach 1957 bis 1968

Neugliederung der Unternehmungen

Josef-Severin Ahlmann mit seiner zweiten Ehefrau Maria, geb. Jänicke, 1964.

Im Frühjahr 1957 werden die Firmen der Familie nach Vorschlag Käte Ahlmanns neu geordnet. Ein Vertrag wird unterzeichnet, der auf den 4. März datiert ist.

Severin verfügt nun über drei eigenständige Firmen: Die Firma Ahlmann & Co. in Andernach mit dem Schwerpunkt auf Gusserzeugnissen, die SAB in Büdelsdorf für Betonerzeugnisse und die Ahlmoplast GmbH mit ihren Kunststofferzeugnissen.

Im Dezember desselben Jahres heiraten Severin und Maria Jänicke in München. Das Paar verlegt seinen Lebensmittelpunkt nach Andernach. Im nahe gelegenen Bad Breisig lassen sie sich von Architekt Paul Wittig ein Haus bauen.

In der Leitung der SAB nimmt die Bedeutung von Paul Meyer nun noch mehr zu, da ihr Inhaber nur noch selten in Büdelsdorf ist. An dieser räumlichen Distanz Severin Ahlmanns zum Ort seiner Geburt sollte sich bis zu seinem Tod nichts ändern.

↑ nach oben

Das Ahlmann-Skizzenbuch 1957

Im ACO-Archiv hat sich ein einmaliges Zeugnis erhalten, das sogenannte Ahlmann-Skizzenbuch aus dem Jahr 1957. Es gibt in prägnanter und grafisch ansprechender Weise einen Überblick über die Ahlmann‘schen Unternehmungen zu diesem Zeitpunkt. Unter anderem wird hier erklärt, wie eine gusseiserne Badewanne entsteht und wie sie zum Kunden kommt, die Entwicklung der Schwenkschaufler wird ebenso gezeigt wie das reiche Portfolio an Öfen, Betonfenstern und Kunststoffprodukten.

Wahrscheinlich wurde diese Vorstufe zu einer Unternehmensbroschüre in dieser Form nie veröffentlicht, da es das gemeinsame Unternehmen Ahlmann nach der Trennung zwischen Severin und seiner Mutter Käte Ahlmann nicht mehr gab.

↑ nach oben

Entwicklungen in Andernach

Im Jahr 1957 trennen sich auch die Wege von Severin Ahlmann und seinem bisherigen Mitgesellschafter Hans Günter Möller bei der AHLMOPLAST. Am 30. Mai 1957 übernimmt Severin Ahlmann die aus der Kunststoffabteilung der Carlshütte hervorgegangene Firma vollständig. Er verlegt den Firmensitz nach Andernach.

In Andernach entwickelt sich der Kunststoffbereich weiter sehr gut. Während die AHLMOwell genannten Platten über ein Vertreternetz im Inland an den Baustoffgroßhandel geliefert werden, sollen im Ausland – anstelle eines Exports der Produkte – die für die Fertigung erforderlichen Maschinen, die AHLMOPLAST-Anlagen, zusammen mit dem nötigen Know-how für die Produktion an Lizenznehmer verkauft werden.

Bereits im Herbst 1958 kann Severin Ahlmann in Andernach sein neues Büro beziehen. Das großzügige neue Verwaltungsgebäude ist eine eindrucksvolle Werbung für die im Werk produzierten Polyester-Lichtplatten, die an der Fassade verbaut werden. Der Neubau ersetzt die in ehemaligen Militärbaracken untergebrachten provisorischen Büros. Um das Gebäude wurden außerdem drei ACO-Parkhallen aus ACOwell gebaut.

Rolf Schönrock verlässt die Carlshütte und folgt nach einem kurzen Zwischenschritt in einem anderen Unternehmen in Berlin Severin Ahlmann nach Andernach. Er wird dort 1958 mit dem Ausbau des Kunststoffgeschäfts betraut.

↑ nach oben

AHLMOPLAST worldwide: Export des Kunststoff Know-hows

Für den Vertrieb der AHLMOPLAST-Anlagen entwickelt Schönrock zusammen mit einem Patentanwalt Lizenzverträge, lässt Konstruktionsunterlagen fertigen, die künftigen Lizenznehmern für Reparatur und Wartung zur Verfügung gestellt werden sollen, und er lernt Markt und Kunden kennen.

Die Akquise von Lizenznehmern konzentriert sich zunächst auf das europäische Ausland. Es werden verschiedene Baustoffhersteller angesprochen, vor allem Fabrikanten von Asbestzement, Wellblech und Wellaluminium. Wichtig sind hierbei die Kontakte zur ETERNIT-Gruppe. Nach Präsentationsreisen in Jugoslawien und Japan werden Ende 1959 die ersten Verträge abgeschlossen. Besonders die Japan-Reise ist für Rolf Schönrock eine herausragende Erfahrung, er bewundert die Traditionen und ist andererseits fasziniert von der ungeheuren Modernisierung des Landes.

Japan-Reise 1959: Rolf Schönrock bei einem traditionellen Tempura-Dinner.

Der endgültige Durchbruch für den Vertrieb der AHLMOPLAST-Anlagen gelingt 1960. Weitere Lizenzverträge können mit ETERNIT Firmen in Norwegen, Dänemark, Schweden, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Südafrika abgeschlossen werden. Darüber hinaus erwirbt auch die Firma ASSMANN, ein Metall- und Kunststoffverarbeiter in Graz, eine Anlage.

Im Herbst 1960 fliegt Schönrock mit dem technischen Leiter des Andernacher Werks Karl Pulch nach Moskau. Auch hinter dem Eisernen Vorhang beginnt man sich für AHLMOPLAST zu interessieren. Die Reise führt jedoch zu keinem Geschäftsabschluss – immerhin gab es reichlich Krim-Sekt und Kaviar.

1961 folgte nach einem Gegenbesuch der Japaner in Andernach ein Vertragsabschluss. Noch im selben Jahr werden zwei weitere Fertigungsanlagen nach Japan verkauft. Auch mit Kunden in Australien, Südafrika und Neuseeland werden – nach einer neuerlichen Reise Schönrocks – Lizenzverträge abgeschlossen.

Um einen Erfahrungsaustausch mit den ersten Kunden zu ermöglichen, lädt Severin Ahlmann am 17./18. Oktober 1960 zur ersten AHLMOPLAST-Konferenz nach Andernach ein. In Fachvorträgen zu den Rohstoffen, zur Fertigung und den Anwendungsgebieten der Produkte erhalten diese wertvolle Anregungen.

Teilnehmer der ersten AHLMOPLAST-Konferenz 1960: Es handelt sich vorrangig um Vertreter der Firma ETERNIT aus verschiedenen europäischen Ländern und aus Südafrika - eine illustre Gesellschaft.

Das Format bewährt sich, so dass im Herbst 1962 eine weitere, nun wesentlich größere Konferenz abgehalten wird.

Impressionen von der zweiten AHLMOPLAST-Konferenz 1962 in Andernach.

↑ nach oben

Erwerb der Firma Bördlein und Aufbau des neuen Standorts in Reith

Kaum als Unternehmen zu erkennen: Die Firma Bördlein in Reith ist um 1960 noch weit von adäquaten Produktionsbedingungen entfernt. Modernisierung und Ausbau setzen erst nach der Übernahme durch Severin Ahlmann ein.

Im Verlauf des Jahres 1959 erwirbt Severin Ahlmann die Betonwarenfabrik Hans Bördlein im unterfränkischen Reith. Von der Firma stammen die Lizenzen für die Fenster in Betonrahmentechnik, die in Rendsburg seit fünf Jahren hergestellt werden.

Paul Meyer ist die treibende Kraft bei der Übernahme des ehemaligen Lizenzgebers. Das Fenstergeschäft läuft gut und soll mit der Neuerwerbung weiter ausgebaut werden. Von Reith aus können zudem für die SAB neue Absatzmärkte im Süden Deutschlands erschlossen werden.

Betonfenster werden nun an zwei Standorten gefertigt, während der Vertrieb zentral von Büdelsdorf aus gesteuert wird. Reith kann als der erste Standort des späteren Unternehmens ACO außerhalb Rendsburgs betrachtet werden, denn Ahlmann & Co. in Andernach ist eigenständig und hat andere Produktionsschwerpunkte.

Die Gewerbeanmeldung für Reith.

↑ nach oben

Erfolge in Reith

Ahlmann-Betonfenster auf einem schlicht anmutenden Freiluft-Messestand. Die Idylle täuscht – tatsächlich sind die Betonfenster die Cashcow der 1960er Jahre.

„AHLMANN-Betonfenster einbauen ... und nie mehr drum kümmern.“ Nicht nur dieser Werbeslogan, sondern auch die Produkte überzeugen. Von Beginn an steigen die Umsätze kontinuierlich und bald werden 150.000 Einheiten pro Jahr verkauft. Die Rendite ist enorm und die höchste aller Produktsegmente im Unternehmen. Zum Vergleich: Die Verarbeitung von 1 Kilogramm Fensterbeton bringt etwa 90 Pfennig Erlös, die Verarbeitung von 1 Kilogramm Schwerbeton für den Tiefbau in Rendsburg dagegen nur circa 4 bis 6 Pfennig.

Die Neuerwerbung ist Ausgangspunkt der kräftigen Expansion in diesem Jahrzehnt: hinsichtlich der Absatzgebiete, der Produktpalette und eben der Umsätze.

Damit ist es die Fensterproduktion, die in den 1960er Jahren den finanziellen Grundstock für den Erfolg von Severin Ahlmann schafft.



↑ nach oben

Geschäftsführerwechsel nach Paul Meyers Tod im Jahr 1962

Die Todesanzeige Paul Meyers.

In Rendsburg erleidet Paul Meyer im April 1962 unerwartet einen Herzinfarkt und verstirbt, noch nicht 60-jährig. Der erfahrene Geschäftsführer war nicht nur von Beginn an der gestaltende Mittelpunkt der SAB, er war auch ein Freund der Familie Ahlmann. Seine Witwe, Schwester von Friedrich Sensen, einem der Direktoren der Carlshütte, kann vorerst im eigens für die Familie Meyer erbauten Wohnhaus auf dem Firmengelände wohnen bleiben.

In der aktuell dynamischen Phase des Unternehmens ist ein Geschäftsführerwechsel sicherlich nicht günstig. Damit nach Meyer kein Führungsvakuum entsteht, übernimmt Rolf Schönrock ab Januar 1963 interimsweise die Geschäftsleitung in Rendsburg. Gemeinsam mit der Rendsburger Betriebsführung kann Schönrock die positive Umsatz- und Ertragssituation absichern. Im März 1964 kehrt er wieder nach Andernach zurück, da er dort seit Längerem für die Übernahme der Geschäftsführung vorgesehen ist.

Ab Januar 1964 steht für die Nachfolge in Rendsburg Heinz Rother bereit. Dessen Tätigkeit für ACO bleibt jedoch ein relativ kurzes Intermezzo. Auf ihn folgt der bisherige Handlungsbevollmächtigte für den Verkauf der Betonfenster Rudolf Kobelt.

↑ nach oben

Der Tod Käte Ahlmanns 1963 – das Ende einer Ära auf der Carlshütte

Am 5. Juni 1963 verabschiedet sich Käte Ahlmann am Hamburger Hauptbahnhof von ihrem Enkel und prospektiven Nachfolger, dem inzwischen elfjährigen Hans-Julius. Sie fährt nach Innsbruck, um sich in der Klinik ihres Schwiegersohns Prof. Max-Joseph Halhuber einer längeren Behandlung zu unterziehen. Ihr Herz ist geschwächt. Käte Ahlmanns Gesundheitszustand hatte sich in den zurückliegenden Jahren mehr und mehr verschlechtert, nicht zuletzt, da die rastlose Unternehmerin sich nicht schonte. Die Behandlung schlägt nicht mehr an. Nur zehn Tage später, am 15. Juni 1963, stirbt sie in Innsbruck.

Für die Carlshütte geht damit nicht nur eine Ära zu Ende. Die Zukunft ist ungewiss. In der im Dezember 1963 erscheinenden Weihnachtsausgabe der Hüttenzeitschrift „Glück auf“, der ersten nach Kätes Tod, schreibt ihre Tochter Marlene Halhuber-Ahlmann, die nun, zwischen Innsbruck und Büdelsdorf pendelnd, das Erbe verwaltet: „Jeder, der sich seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Hüttenleute bewusst ist, fühlt, dass er seinen Teil Verantwortung mitträgt. Sie können mir glauben, dass ich meinen Teil so ernst nehme, wie meine Mutter es tat, dass ich aber noch mehr Ihrer aller helfenden Zusammenarbeit bedarf!“


Wie sieht es in der Carlshütte und der benachbarten Firma Severin Ahlmanns in dieser Zeit aus? Eine Dokumentation des NDR über den Nord-Ostsee-Kanal, die im Jahr nach dem Tod Käte Ahlmanns entstand, zeigt hierzu eindrucksvolle Bilder. Scrollen Sie direkt zu Minute 11:54 um Bilder von der Carlshütte zu sehen, zu Minute 15:16 um Bilder von Severin Ahlmanns Betonfabrikation zu sehen.

↑ nach oben

Die Entwicklung der Gussproduktion in Andernach

Badewannen aus Gusseisen bleiben in Andernach der wichtigste Geschäftszweig. 1956 beträgt der Umsatz mit Gussbadewannen 10 Mio. DM, und bis auf kleinere Einbrüche steigert er sich in den nächsten Jahren kontinuierlich. 1968 beträgt er 18,2 Mio. DM. Hingegen hat der Umsatz mit Kunststoffprodukten 1962 mit 10,5 Mio. DM seinen Höhepunkt erreicht, danach entwickelt er sich mit gewissen Schwankungen rückläufig.

1961 übernimmt der frühere Gießereileiter der Carlshütte, der Ingenieur Karl Pulch, die technische Leitung in Andernach. Unter seiner Leitung wird 1962 der Emaillier-Automat entwickelt. Diese technische Neuerung erleichtert die schwere körperliche Arbeit beim Emaillieren der Wannen durch eine teilautomatische Streuvorrichtung mit einem Pressluftsieb. Trotz der Innovation und der daraus resultierenden Personaleinsparungen scheitern die Versuche, die automatische Streuvorrichtung im Ausland zu verkaufen. Letztendlich wird die Neuerung nur im eigenen Betrieb eingesetzt.

Einige Jahre später gelingt es wiederum der Carlshütte, einen elektronisch gesteuerten, vollautomatischen Emaillier-Automaten zu entwickeln, der den Einsatz von Personal für diese harte Arbeit nochmals reduziert. Offenbar liefern sich hier ACO Andernach und die Carlshütte einen Innovationswettkampf.

Die 1963 eingeführte automatische Badewannenformanlage erweist sich hingegen als Erfolgsmodell. Im Oktober 1964 lädt ACO Andernach den gesamten deutschen und grenznahen europäischen Großhandel zu Werksbesichtigungen ein.

Über die Jahre steigert ACO Andernach seinen Anteil am Inlandsmarkt und wird ab 1966 schließlich Marktführer für Gusswannen. Als erstes Werk stellt Andernach vollständig auf Titanemail um, was maßgeblich zum Erfolg beiträgt. Es werden auch die Fertigungsanlagen für Brausewannen ausgebaut. Diese Investition ist 1966 abgeschlossen und festigt die Vorrangstellung im Sanitätssektor.

Ein kleineres Geschäftsfeld im Andernacher Werk ist der Kundenguss, der aber vergleichsweise überschaubar bleibt.

Ende der 1960er Jahre wird das System der freien Handelsvertreter aufgelöst. Es wird durch ACO-Verkaufsbüros mit fest angestellten Verkäufern ersetzt.

↑ nach oben

Fenster, Waben, Schwerbeton: Produkte der Firma Severin Ahlmann Rendsburg in den 1960er Jahren

Für den Standort in Rendsburg ist die Fensterproduktion der profitabelste Geschäftsbereich. Das Produktportfolio umfasst nun Systembetonfenster für Gewerbebauten.

Eine Sonderform sind die aus Beton gefertigten Wabenfenster. Bei den Wabenfenstern handelt es sich um armierte, schmalsprossige Fensterfronten im Fertigbau. Sie sind statisch sicher, witterungsbeständig und erfordern keine Pflege. Auch hier gilt der Slogan: „Einbauen und nie mehr drum kümmern!“ Das Programm zielt vorrangig auf den industriellen Sektor und findet etwa in Produktionshallen oder bei den Liegenschaften der Bundeswehr Verwendung.

Eine weitere Sonderform findet breite Anwendung: Dekorsteine. Sie sind in Trapez-, Kegel- oder Kreisformen erhältlich und dienen als Fassadenverblender oder zur Gestaltung ornamentaler Lichtwände, als Schmuckelement für Treppenhäuser, Verbindungswände und andere repräsentative Räumlichkeiten. Sie können verglast oder unverglast verbaut werden. Architekten sind von den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten der Dekorsteine begeistert. Häufig werden Dekorsteine im Sakralbau eingesetzt. Im Verlauf der 1960er Jahre werden sie zu einem prägenden Element der zeitgenössischen Architektur.


1960 traut sich ACO nicht zu, die weltberühmte Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auszustatten. Es erschien ein zu großes Risiko, denn die Waben enthielten Stahldraht. Dieser hätte rosten und somit Teile der Fassade zum Bröckeln bringen können. Diesen Schaden wollte ACO nicht verantworten. Der Auftrag ging somit an einen Wettbewerber. Aber eines nicht unbedingt kleineren Kirchenprojekts nimmt ACO sich wenige Jahre später doch an, der heute denkmalgeschützten Kirche der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, mit ihren markanten bunten Fenstern. Wir haben den Architekten von damals, Ekhart Kettner, ausfindig gemacht, heute 91 Jahre alt, und zum Interview in der Kirche getroffen. Unglaublich spannende Einblicke, die man sonst nie bekommt.

Zum Produktportfolio des Rendsburger Werkes zählt zur Mitte des Jahrzehntes auch noch das traditionelle Programm der Schwerbetonfertigung für den norddeutschen Raum. Auch die Marmorkorn- und Kunststeinprodukte sind nach wie vor auf dem Markt. Beides tritt jedoch hinter das expandierende Geschäft mit den Betonfenstern zurück.


1966 beschäftigt die Firma an den Standorten in Rendsburg und Reith ca. 200 Mitarbeiter, die einen Jahresumsatz von rund 10 Mio. DM erwirtschaften. Die Personalstärke zeigt, wie hoch der Anteil an manuellen Tätigkeiten zu diesem Zeitpunkt noch ist. Im selben Jahr erwirtschaftet Severin Ahlmann mit seinem Werk in Andernach einen Umsatz von 25,8 Mio. DM mit ca. 450 Mitarbeitern.



↑ nach oben

Der erste Schritt ins Ausland: Vertrieb von Betonfenstern in Österreich 1964

Nachdem die Fertigung von Betonfenstern Anfang der 1960er Jahre, insbesondere am noch jungen Standort Reith, kräftig anzieht, unternimmt Severin Ahlmann einen zukunftsweisenden Schritt: Erstmals soll ein Beton-Produkt im Ausland vertrieben werden. Auf der Münchener Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 1963 kann man ein besonderes Interesse an Ahlmanns Stallfenstern bei den österreichischen Landwirten feststellen. So wird beschlossen, auch den österreichischen Markt mit Betonfenstern zu beliefern.

Der landwirtschaftliche Sektor ist von Beginn an ein bedeutendes Absatzgebiet für Ahlmanns Betonfenster. Gerade im in den 1960er Jahren noch stark landwirtschaftlich geprägten Österreich sieht die Firma deshalb einen lukrativen Absatzmarkt.

Mit der Firma Gebr. Assmann & Co. in Leibnitz in der Steiermark findet sich ein passender Vertriebspartner. Angebahnt wird die Kooperation Anfang 1964, als der aktuelle Interims-Geschäftsführer, Rolf Schönrock, mit dem Industriellen Dr. Emmerich Assmann in Kontakt tritt. Assmanns Grazer Werk ist bereits Lizenznehmer einer AHLMOPLAST-Anlage. Nun soll die Geschäftsbeziehung auch auf den Fensterbereich ausgedehnt werden. Nach der Klärung der Zollsituation startet zur Jahresmitte 1964 der Vertrieb in Österreich. Ausdrücklich aber ist noch keine Lizenz- oder eigene Fertigung im Nachbarland geplant. Es geht vielmehr um die Auslastung des Betriebes in Reith bzw. um eine Erweiterung dort.

↑ nach oben

1965 Erste Verwendung des ACO-Schriftzugs für Rendsburg

Die verschiedenen Namen der einzelnen Firmen Severin Ahlmann Rendsburg, Severin Ahlmann Reith und Ahlmann & Co. Andernach sind für den Markt verwirrend und nicht eingängig. Daher setzt sich sukzessive das ursprünglich für Ahlmann & Co. Andernach eingeführte Kürzel ACO als Marken- und Wortzeichen für alle drei Firmen durch. ACO soll unverwechselbare Marke mit Wiederkennungswert werden.


1969 wirbt die Firma auf der Norla in Rendsburg für ihre Betonfenster und Fertiggaragen bereits unter dem bis heute bekannten Kürzel ACO in Rot.

↑ nach oben

Die weitere Entwicklung der Kunststoffproduktion bei ACO Andernach

Die 1960er Jahre sind bei ACO Andernach im Kunststoffbereich von einer Reihe wegweisender Innovationen geprägt. Als erste Firma auf dem deutschen Markt entwickelt ACO 1965 Duschtrennwände, ACO TRENN genannt. Die Trennwände aus bruchsicherem Fiberglas liegen im Trend nach mehr Komfort im Badezimmer. Hier gelingt ein deutlicher Umsatzanstieg, der sich bis 1974 zu einem Marktanteil von 20 Prozent steigern wird.

Die Bedeutung der Kunststoffproduktion beschränkt sich nicht nur auf das Werk in Andernach. 1968 kommt der Verfahrens-Ingenieur Heinz Dieter Brink von ACO Rendsburg nach Andernach, um sich mit der Materie Kunststoff vertraut zu machen. Hier lernt er die Polyester-Wellplatten-Produktion kennen. Die Verbindungen und Kommunikationen zwischen Rendsburg und Andernach sind lebendig. Zurück in Rendsburg vereint er die Kernkompetenz Beton in Rendsburg mit der Kunststoffkompetenz aus Andernach. Auf dieser Basis wird 1969 etwas völlig Neues und Innovatives entstehen: Die erste ACO-Rinne aus Polyesterbeton.

↑ nach oben

Experimente im Kunststoffsektor

1958 schlägt der damalige Geschäftsführer von Ahlmann & Co. Andernach, Herr Simmat, vor, Kunststofffliesen nach amerikanischem Vorbild herzustellen und am deutschen Markt zu etablieren. Die Idee beruht auf der Annahme, dass umständliche Fliesenentfernungen bei Renovierungen im Badezimmer durch einfach zu klebende Kunststofffliesen vermieden werden könnten. Die Fertigung wird aufgenommen und sogar eine Versandfirma für Kunststoffartikel gegründet. Kunststofffliesen kommen in Deutschland aber nicht gut an. Die Verbraucher halten an Keramikfliesen fest und so wird die Produktion wieder eingestellt.

Auch der 1966 begonnene Versuch, Wassersportboote aus glasfaserverstärktem Kunststoff herzustellen, führt nicht zum Erfolg. Auf der internationalen Bootsausstellung in Hamburg 1967 werden ein großes Hausboot, ein Segel-Katamaran, ein offenes Motorboot, ein Angelboot, eine Badeinsel und ein Bootssteg vorgestellt.

Die Idee klingt zunächst erfolgsversprechend: Die Boote sollen leicht sein und günstig in der Herstellung. Das Material stellt sich allerdings als untauglich heraus. Herr Weber, der Fahrer von Severin Ahlmann, gerät auf einer Probefahrt in Seenot und schließt unfreiwillig Bekanntschaft mit Seehunden auf einer Sandbank vor Sylt, bevor er geborgen werden kann. Die Boote aus Kunststoff verfügen nicht über ausreichend Stabilität und die Produktion wird eingestellt. Dennoch ist Severin Ahlmann noch später von diesem Projekt überzeugt. In seiner Autobiografie von 1999 schreibt er, dass es ein großer und teurer Fehler gewesen sei, die Freizeit-Katamarane aufzugeben.


Das ACO-Hausboot auf der internationalen Bootsausstellung in Hamburg.


↑ nach oben

Start der Garagenfertigung in Rendsburg 1968

Ende der 1960er Jahre kommt es zu einer Zäsur bei ACO: Die Schwerbetonfertigung für den Tiefbau mit dem Absatzgebiet Schleswig-Holstein wird 1968 aus marktpolitischen und investitionsstrategischen Überlegungen aufgegeben. Damit endet eine bedeutende Tradition in Rendsburg: Mit solchen Platten und Röhren begann die Geschichte des Unternehmens 20 Jahre zuvor.

"Schützen, was schön ist!" Des Deutschen liebstes Kind, benötigt eine angemessene Behausung. Das Marketing dieser Jahre brachte so manche Kuriosität hervor.

Parallel führt Severin Ahlmann im Frühjahr 1968 ein neues Produkt in die Linie der Betonartikel ein: Garagen. Wie die ursprüngliche Fensterfertigung Mitte der 1950er Jahre ist auch dieses Fabrikat keine Eigenentwicklung Ahlmanns, sondern wird in Lizenz aufgenommen. Lizenzgeber der Garagenfertigung ist die Firma J. Kaletka, Ing.-Büro für Bau- und Betriebsplanung, kurz IBK, im badischen Gaggenau.

Die Systemgaragen aus Beton werden im Werk vollständig vorgefertigt, dann auf Lkw zum Kunden gebracht und am Ort aufgestellt. Es handelt sich also um wahrlich große Artikel, die ACO nun in das Lizenzgebiet, nahezu ganz Schleswig-Holstein, anfangs mit Ausnahme einiger Regionen nördlich um Hamburg, liefert.

Die Garagenfertigung floriert, das Produkt erhält den Namen „ACO Stabil“. Schnell etabliert sich die ACO-Garage als pragmatische und kostengünstige Lösung für die Unterstellung von Pkw. Ein knappes Jahrzehnt lang wird sie in Rendsburg produziert.



↑ nach oben

Einführung und erste Erfolge mit ACO Drain 1969 bis 1974

ACO Drain: Idee und Produkt

Ende der 1960er Jahre wird Entwässerung von Oberflächen zumeist noch punktförmig ausgeführt. Hierbei wird von Einzelabflüssen im Boden unterirdisch mit Hilfe von Rohren entwässert. Nach diesem Ansatz muss das Wasser zu den tiefsten Punkten auf der Oberfläche gelangen, weshalb es über weite Flächen sogenannter Kreuzgefälle bedarf. Das neue Konzept einer linearen Entwässerung mittels langer Rinnen ist die wesentlich elegantere Lösung.

Skizzen der zwei gängigsten Gefällearten. Die Einfachheit des Gefälleprinzips zu einer Geraden hin – der DRAIN-Rinne – wird deutlich.

Es waren zwei freie Handelsvertreter, Eberhard Grundmann und Fritz Fiedler, die sich mit der Idee Entwässerungsrinnen an den Leiter des ACO-Vertriebs, Karl Arno Ebsen, wenden. Man ist auf der Suche nach einer neuen, innovativen Produktidee, denn zu diesem Zeitpunkt hat die Fensterproduktion ihren Zenit überschritten. Einen Impuls gibt der Garagen-Sektor. Hier kommt die Frage auf, wie am besten vor den Fertig-Garagen der Abfluss realisiert werden kann.

Entwässerungsrinnen gibt es schon am Markt. So stellt die Firma ANRIN eine 1 m lange Asbestzementrinne aus Rohrhalbschalen mit aufgeklebten Seitenwänden aus Asbestplatten her. Arno Ebsen tritt an den ACO-Ingenieur Dieter Brink in Rendsburg heran. Brink entwickelt die Ursprungsidee weiter, so werden etwa aus den Rohrhalbschalen Rohrdrittelschalen mit seitlich angeklebten Seitenwänden in einer Länge von 1,2 m.

Schnitt durch die anfängliche DRAIN-Konstruktion aus geklebten Faserzementsegmenten.

Severin Ahlmann muss erst noch überzeugt werden. Zu tief sitzt der Fehlschlag mit den Katamaranen. Nach längerem Zögern gibt er grünes Licht für die Aufnahme der Rinnenproduktion. Die Neuerung wird ab dem 1. Mai 1969 eingeführt, und zwar bereits unter dem bis heute bekannten Produktnamen ACO DRAIN.

Es wird schnell deutlich, dass die ACO-Rinnen einfacher als die herkömmlichen Rinnen zu handhaben sind. Sie benötigen keine Schalung vor Ort. Zudem ist die Rinne ein Leichtgewicht. „Der Vorteil unserer Rinne liegt in der speziellen Konstruktion … sowie in dem geringen Transportgewicht. Gegenüber den herkömmlichen Rinnen, die am Bau eingeschalt werden, ist unsere Rinne billiger, da … die Rinne eine verlorene Schalung darstellt“, so Arno Ebsen.

ACO DRAIN ist in der Geschichte von ACO eine entscheidende Zäsur. Das Produkt wird die weitere Ausrichtung des Unternehmens prägen. ACO entwickelt sich in den folgenden Jahren von einem Baustoffgeneralisten mit einem Schwerpunkt auf der Fensterproduktion zu einem Spezialanbieter für Entwässerungslösungen.


↑ nach oben

Kunden und erster Umsatzerfolg

Adressaten der Entwässerungsrinnen sind prinzipiell der Fachhandel für Baustoffe sowie Bauunternehmungen. Es sind auch Baubehörden und industriebauplanende Architekten interessiert.

Verständlich, dass besondere Werbebemühungen mit Blick auf alle planenden Stellen anlaufen und auch die Bedarfsträger und Architekten direkt angesprochen werden. Baubehörden von Bund und Ländern sowie Straßenbauämter werden ebenso mit Prospekten bedacht wie Mineralölkonzerne, die Tankstellen errichten. Zudem wird die Autoindustrie angesprochen, weil sie an der Planung von Autowerkstätten beteiligt ist.

Im Jahr der Markteinführung, also von Mai bis Dezember 1969, erzielt ACO mit der DRAIN-Rinne einen Umsatz von 260.000 DM. Ein phänomenaler Erfolg!


↑ nach oben

Korrekturbedarf – neuer Werkstoff Polymerbeton

Plakat der Bau-Fachausstellung CONSTRUCTA in Hannover 1970. Hier stellt ACO die DRAIN-Rinne noch in der Ausführung in Faserzement aus. Die neuartige Konstruktion findet Anklang beim Fachpublikum.

In Rendsburg ist man optimistisch: Der Anklang der DRAIN-Rinnen auf der Baufachausstellung Constructa Ende Januar 1970 in Hannover, der bisherige Absatz, die Ergebnisse der Marktforschung und die beschrittenen Werbekanäle sind vielversprechend. Doch es kommen wenige Monate nach Produktionsstart erste Probleme auf. Die Rinne erweist sich als instabil. Achillesferse der Konstruktion ist die Verklebung. Zu kleine Klebeflächen lassen die Gitterroste bei Belastung häufiger einbrechen. Zudem sind Faserzementplatten unflexibel bei der Formgebung. So bahnt sich weniger als ein Jahr nach Markteinführung der Rinnen eine Umstellung des Fertigungsprozesses an. Sowohl der Werkstoff als auch die Formgebung werden optimiert. Das Team um Dieter Brink hat als neuen Werkstoff einen Favoriten: Polymerbeton. Mit ihm wird möglich, dass die Rinnen künftig nicht mehr geklebt, sondern in Gänze gegossen werden können.

ACO hat wegen der Betonwabenproduktion im Rüttel-Press-Verfahren bereits Erfahrung in der Herstellung von GFK-Formen mit einer Hinterfüllung aus Sand vermischt mit Polyesterharz, also gleichsam Polyesterbeton. Das ist das Arbeitsgebiet des ACO-Modellbauers Grabow. Dieter Brink kommt darauf, den neuartigen Werkstoff für die Rinnen einzusetzen. Hier verbinden sich also die Kompetenzen aus der Kunststoffproduktion in Andernach mit dem Beton-Know-How in Rendsburg.

ACO benötigt für die Serienproduktion von Polymerbetonrinnen eine spezielle Misch- und Gießmaschine. Nur eine Anlage von RESPECTA kommt in Frage. Der Maschinenbauer aus Wülfrath wird erst 1969 gegründet und ist auf Anlagen zur Aufbereitung hochreaktiver Mischungen spezialisiert. Der Hinweis auf die Neuentwicklung kommt vom österreichischen Vertriebspartner Assmann.

Am 9. März 1970 wird die neue Maschine in Rendsburg aufgestellt. Sie hat noch einige Kinderkrankheiten, etwa die zentrale Förderschnecke verstopft recht schnell. ACOs Anlagentechnik findet aber eine Lösung.

Die Respecta-Maschine ist stationär. Nur ihr beweglicher Gießrüssel kann an die Gussformen gefahren werden. Die anfangs hölzernen DRAIN-Formen werden auf den Kopf gestellt und von der offenen Unterseite her mit der zähflüssigen Masse gefüllt, was etwas umständlich ist. Die Anlagentechniker von ACO konstruieren bald eine neue, eigene und voll bewegliche Maschine, die entlang der Produktionsstraße die Gussformen abfährt und füllt. Nach nur 10 bis 15 Minuten ist die Festigkeit der Rinnen so weit, dass die Formen geöffnet werden können.



Die ersten Rinnen entsprechen in der Länge den bisherigen Asbestzementrinnen. Sie weisen eine Wandstärke von 15 mm auf. Im März 1970 kann die Produktion der ACO Drain gänzlich auf Polymerbeton umgestellt werden. Der Werkstoff der Anfangszeit – Faser- bzw. Asbestzement – verschwindet.

Die verbesserten Eigenschaften des neuen Werkstoffs – höhere Stabilität und Widerstandsfähigkeit – überzeugen die Kunden. Zudem ist mit dem gegossenen Werkstoff Polymerbeton eine weitaus größere Artikelvielfalt möglich. Wenn der Bau von Formen und der Guss gelingen, sind alle Variationen denkbar. Damit ist der Grundstein für ein ganzes Sortiment von Entwässerungslösungen gelegt.


↑ nach oben

ACO und Olympia – Beginn einer Erfolgsgeschichte

Im Frühjahr 1970 erhält ACO einen spektakulären Großauftrag: Die Rendsburger sollen den Neubau des Olympiastadions in München für die Olympischen Spiele 1972 mit ACO DRAIN ausstatten. Es geht aber nicht nur um die Ausstattung des Stadions, sondern auch um Nebenanlagen in München und Stadien an anderen Austragungsorten. Zum Anfangsvolumen von 1.300 Metern Entwässerungsrinnen kommt ein Folgeauftrag über weitere 1.000 Meter dazu. Für das Marketing und das Prestige von ACO Drain ist der Auftrag phänomenal. Um die Auftragsverhandlungen mit dem olympischen Baukomitee und die erste Lieferung nach München ranken sich Anekdoten und Legenden. Für ACO ist auch eine Menge Glück im Spiel. Schlussendlich überzeugt die Überlegenheit des Materials Polymerbeton. „Das war sensationell. Sowas kommt in der deutschen Industriegeschichte nicht oft vor“, erinnert sich der langjährige Vertriebsleiter Arno Ebsen an diese Zeit.

Auf München folgten für ACO weitere Olympische Spiele: Montreal 1976 wird der erste Auftritt in Nordamerika. In den nächsten Jahren wird ACO alle Olympischen Spiele – bis auf Moskau – ausrüsten. Es folgen Stadien für Fußballweltmeisterschaften in aller Welt. Zur Ausstattung großer Sportbauten mit Entwässerungstechnik kommen ganz andere Komponenten, die sich aus Polymerbeton herstellen lassen: Randbegrenzungen von Laufbahnen oder Absprungbalken. So etabliert das Unternehmen Mitte der 1970er Jahre sein Programm ACO SPORT.

↑ nach oben

Ernst Vollstedt – der Vater des Welterfolgs von ACO-Drain

Ernst Vollstedt als Geschäftsführer von ACO Rendsburg zu Beginn der 1970er Jahre.

Als sich Ende der 1960er Jahre die Ruhestandsversetzung des Rendsburger Geschäftsführers Rudolf Kobelt abzeichnet, muss Severin Ahlmanns einen Nachfolger etablieren. Seine Wahl fällt auf den erst knapp 30-jährigen Ernst Vollstedt. Mit Vollstedt rückt zu Beginn der 1970er Jahre ein waschechter Rendsburger an die Spitze des Standortes am Nord-Ostsee-Kanal.

Vollstedt wird 1938 in Rendsburg geboren. Nach seiner Schulzeit und dem Wehrdienst beginnt er am 1. April 1960 bei der Firma Severin Ahlmann, jedoch nicht in Rendsburg, sondern am neuen Standort in Reith. Knapp zwei Jahre nach Beendigung seiner Ausbildung übernimmt er bereits in jungen Jahren die Betriebsleitung vor Ort. Die Zeit in Reith unterbricht er 1965 für einen viermonatigen Aufenthalt in den USA.

Im Jahr 1967 wechselt Vollstedt nach Andernach, um hier eine moderne Logistik aufzubauen. Nach Abschluss dieser Arbeiten kehrt er mit seiner Familie 1968 schließlich in seine Heimatstadt zurück und beginnt bei ACO Rendsburg.

Im Juni 1969 übernimmt Ernst Vollstedt mit 31 Jahren die Verantwortung für den Standort Rendsburg. Zu Beginn des neuen Jahrzehnts hat Severin Ahlmann seinen Lebensmittelpunkt noch im rheinischen Andernach, hält sich aber immer häufiger in Pöcking am Starnberger See und in Morsum auf Sylt auf. Nach einer Reihe von persönlichen Krisen – dem Scheitern seiner zweiten Ehe und dem Niedergang der Carlshütte – reist Severin Ahlmann viel, mit langen Aufenthalten etwa auf den Fidschi Inseln und in den USA. Die beiden Geschäftsführer – Rolf Schönrock in Andernach und Ernst Vollstedt in Rendsburg – führen die Unternehmen.

Vollstedt hält seinen Chef über die Entwicklung in ausführlichen Briefen auf dem Laufenden. Später geht er dazu über, zwei bis drei Berichte jährlich über sämtliche Geschäftsfelder der Firma zu erstellen.


ACO entwickelt sich in den ersten Jahren unter der Ägide von Ernst Vollstedt rasant zu einem der führenden Anbieter auf dem Markt für Entwässerungslösungen. Mit dem Produktmanager Dieter Brink, dem Vertriebsleiter Arno Ebsen und dem Anlagenkonstrukteur Uwe Wunderlich machte Ernst Vollstedt ACO-Drain zu einem Welterfolg.

↑ nach oben

Mit ACO Drain ins Ausland

Für ACO DRAIN gehen die Rendsburger Ende 1970 eine Vertriebspartnerschaft in der Schweiz ein. Die Studer und Thomann AG übernimmt den Alleinvertrieb für die Schweiz und ab April 1973 auch für das benachbarte Österreich.

Eine zweite Vertriebskooperation wird in Frankreich aufgebaut. Ab dem 1. April 1972 gilt der Vertrag mit der Firmengruppe Ets. R. Lefèbure mit Sitz in Mantes-la-Jolie in der hauptstadtnahen Region Île-de-France. Hinter der Gruppe steht die Unternehmerfamilie Lefèbure. Später überzeugt Vollstedt seinen Chef Severin Ahlmann, mit Lefèbure ein Werk in Frankreich zu errichten.

Die erste Lancierung von ACO DRAIN in einem nordeuropäischen Markt erfolgt im benachbarten Dänemark. Der dänische Raum ist der Unternehmerfamilie Ahlmann seit langem vertraut. Ab dem 5. Juni 1972 übernimmt die Firma Sapolite A/S den Alleinvertrieb für ACO DRAIN. In den nächsten Jahren kommen weitere Polymerbetonartikel hinzu, beispielsweise das Sortiment von ACO Farm.

Erste Gehversuche mit DRAIN gibt es parallel in England. Anfang 1972 entsteht eine Partnerschaft mit dem Geschäftsmann Malcolm Henderson, der die Markteinführung insbesondere im Londoner Großraum organisiert. Man überlegt, in England eine eigene Fertigung auf die Beine stellen, doch das Vorhaben wird zurückgestellt. Die Suche nach einer Vertriebsfirma bleibt erfolglos. Malcolm Henderson gründet daher Mitte 1973 die „Kaskade Drains Limited“, die ACO DRAIN-Rinnen vor allem in Südengland vertreibt. Die Verkaufszahlen sind vielversprechend. Kaskade kann bis in den Sommer 1974 die ACO-Entwässerung gut in England platzieren. Rund 50 größere Bauprojekte werden bis dahin beliefert, darunter einige von prominenten Auftraggebern wie British Railways oder der Londoner Hafenbehörde.

↑ nach oben

Entwässerung statt Seidendruck – Produktion im schweizerischen Mitlödi

Nachdem einige europäische Märkte durch Vertriebskooperationen erschlossen sind, soll auch eine Fertigung für ACO-DRAIN im Ausland etabliert werden. In der Schweiz bietet sich im Frühjahr 1972 eine Möglichkeit. Die in dem kleinen Ort Mitlödi im Kanton Glarus ansässige Seidendruckerei Mitlödi AG ist auf der Suche nach einer Erweiterung ihres Produktionsspektrums.

Die traditionsreiche Schweizer Seiden- und Textilindustrie steckt in einer Krise. Der ganze Sektor muss sich neu orientieren und auch branchenfremde Geschäftsfelder erschließen.

Der Kontakt kommt zustande, weil Severin Ahlmann zahlreiche Luftpostbriefe an potentielle Interessen schickt. Sie sind wie immer mit grüner Tinte verfasst, wodurch er seine Führungsposition indirekt markiert. Grün ist in den Verwaltungen Deutschlands traditionell der obersten Führungsebene vorbehalten. Dr. Kurt Hauser von der Seidendruckerei Mitlödi AG ist interessiert und antwortet.



Im Juni 1972 wird das Projekt konkretisiert. Die Seidendruckerei, an der sich Severin Ahlmann mit einem Drittel beteiligt, investiert kräftig und stellt eine neue Fabrikhalle in Mitlödi bereit. ACO-Techniker montieren bis Anfang Februar 1973 die Maschinenanlage, begleiten danach auch die ersten zwei Wochen des Betriebs vor Ort. Parallel werden zunächst drei Schweizer Mitarbeiter bei ACO in Reith geschult bzw. eingearbeitet. Die metallenen Gussroste werden von ACO Andernach zugeliefert. Einen Monat früher als ursprünglich angesetzt, kann die Produktion von ACO DRAIN auf dem neuen Fertigungsstrang am 5. Februar 1973 anlaufen.

Den Alleinvertrieb in der Schweiz hat vorerst noch die Studer und Thomann AG inne, die ihre Rinnen nun nicht mehr von ACO aus Deutschland, sondern aus dem Kanton Glarus bezieht. Bereits im Frühjahr muss Mitlödi den Produktionsausstoß an Rinnen von ursprünglich geplanten 420 m je Tag erhöhen. Im ersten vollen Fertigungsjahr 1974 erwirtschaftet die „Seidendruckerei“ bei Verkaufserlösen von über 2,5 Millionen Schweizer Franken einen Reingewinn von 226.000 Franken.

↑ nach oben

Versuchte Wiedervereinigung: Andernach und Carlshütte

Die Uhr zurückstellen und die Ahlmann-Firmen wieder in einer Hand vereinigen? Auch wenn der Plan zur Wiedervereinigung nicht öffentlich verhandelt wird, wirkt das Cover der „Glück Auf!“ vom Dezember 1970 wie ein indirekter Kommentar zu dem Vorhaben.

Zur Jahreswende 1970/71 tritt Severin Ahlmann an seine Schwester Marlene Halhuber-Ahlmann heran, um ihr vorzuschlagen, das Andernacher Werk mit der Ahlmann Carlshütte in Rendsburg wieder zu vereinigen. Rudolf-August Oetker, erster Ehemann von Marlene Halhuber-Ahlmann, Inhaber und Leiter des Bielefelder Familienunternehmens Oetker und mit seinem Stab Experte für Merger & Acquisitions, wird als Vermittler hinzugezogen. Severin Ahlmanns Wirtschaftsberater Arno Seeger rät mit Blick auf die wirtschaftliche Situation der Carlshütte jedoch ab: Hier würde ein gesunder mit einem „kranken Betrieb“ verbunden werden und es sei nicht unwahrscheinlich, dass beide dabei untergehen.

Letzten Endes scheitern die Wiedervereinigungspläne nicht an diesem Vorbehalt. Vielmehr kommt eine Absage von der Carlshütte: Die in Andernach jüngst getätigten Investitionen und die daraus resultierende Kreditbelastung sind den Rendsburgern nicht geheuer. Zudem zeichnet sich ab, dass eine Einigung über den Kaufpreis kaum möglich ist. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen auf beiden Seiten.

↑ nach oben

Ausweitung des Produktportfolios in Andernach

In Andernach kommen die ACO-TRENN Duschkabinenkonstruktionen mit Aluprofilen und neuem Plattenmaterial auf den Markt. Auf der 6. Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse in Frankfurt 1971 findet vor allem die Eckkabine viel Beachtung. Eine weitere Novität im TRENN-Programm sind spezielle Nasszellen für Hotels und für die Sanierung von Altbauten. Im gleichen Jahr wird die neue vorgefertigte Balkon- und Terrassenabtrennung ACO-PRISMA eingeführt.

Die Umsatzsteigerungen in Andernach sind enorm: von 32 Millionen DM im Jahr 1970 auf sagenhafte 51,1 Millionen im Jahr 1973, also um 60 Prozent innerhalb von nur drei Jahren.

Den Hauptumsatz machen nach wie vor Badewannen aus, ihr Absatz kann in den genannten drei Jahren um fast 70 Prozent gesteigert werden. Noch besser entwickelt sich das Geschäft mit Heizkesseln, wenngleich ihr Anteil am Gesamtumsatz mit 7,6 Millionen wesentlich geringer ist. Ihr Absatz vervierfacht sich gegenüber 1970. Die Umsätze mit ACOWELL sind allerdings rückläufig.



Die positive Entwicklung ist nicht zuletzt den von Severin Ahlmann so kritisierten Sozialdemokraten zu verdanken: In den ersten Jahren der Regierung Brandt steigt die Anzahl fertiggestellter Wohnungen in der Bundesrepublik von weniger als 500.000 im Jahr 1970 auf über 700.000 im Jahr 1973 – nie davor und danach wurde ein höherer Wert erreicht. Die Wohnungsbaukonjunktur schlägt direkt auf die Auftragslage bei ACO Andernach durch. Es werden Badewannen, Heizkessel und Duschabtrennungen gebraucht.

↑ nach oben

Arno Seeger – Severin Ahlmanns Generalbevollmächtigter

Aufgrund gesundheitlicher Probleme setzt Severin Ahlmann im Januar 1973 seinen engen Vertrauten Arno Seeger zum Generalbevollmächtigten und alleinigen Verwaltungsrat für die Werke in Andernach und Rendsburg ein. Er selbst zieht sich in Sanatorien zurück, zunächst nach Bad Reichenhall, dann nach Königstein im Taunus.

Der studierte Volkswirt und Wirtschaftsberater Arno Seeger, Jahrgang 1914 ist in Wirtschaftskreisen recht bekannt. Er gilt als „Strippenzieher“ gehört zum exklusiven Kreis grauer Eminenzen der deutschen Wirtschaft. Seeger sitzt in vielen Aufsichtsräten, berät Unternehmen entlang der Rheinschiene und ist auch im politischen Raum bestens vernetzt. Seine Laufbahn beginnt er bei der Deutschen Bank. Später fungiert er als Finanzchef von Krupp, verläßt das Unternehmen aber im Zuge der Krupp-Krise 1967. Wenig später steigt er bei der Quandt-Gruppe als Vermittler ein. Seeger wird auch als „Unternehmer ohne Unternehmen“ bezeichnet.


↑ nach oben

Zwei Jubiläumsfeiern: 25 Jahre ACO

Im Oktober 1973 begeht ACO Rendsburg sein 25-jähriges Firmenjubiläum mit einer großen Feier im Ostseebad „Damp 2000“. Warum erst 1973 – die SAB wird doch im Dezember 1946 gegründet, man müsste also Ende 1971 feiern? Faktisch ist es ACO Andernach, dessen Jubiläum 1973 gefeiert wird. Denn die Andernacher Gründung jährt sich am 1. November 1973 zum 25. Mal. Severin Ahlmann beschließt jedoch, beide Jubiläen im gleichen Jahr und nicht getrennt zu feiern, wenngleich dies für ACO Rendsburg zwei Jahre Verspätung bedeutet.

Zuerst lädt der Firmengründer die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Rendsburg und Reith mit ihren Ehepartnern vom 25. Bis 28. Oktober 1973 zu einem verlängerten Wochenende in das Ostseebad „Damp 2000“ ein. Das auf der Halbinsel Schwansen an der Ostsee gelegene gigantische Ferienzentrum ist erst kurz zuvor eröffnet worden. Für die Mitarbeiter aus Reith gibt es zuvor noch eine Besichtigung des Werkes in Rendsburg. In der Hotelanlage feiert man drei Tage. Kost und Logis sind für die Mitarbeiter frei. Alle Freizeiteinrichtungen des Hotels können benutzt werden. Die Feierlichkeiten sind legendär, noch heute redet man bei ACO von Damp. Severin Ahlmann glänzt mit seinem einnehmenden, charismatischen Wesen.

Eine Woche später wird auch in Andernach eineinhalb Tage lang gefeiert. Auf dem Betriebsgelände ist eine kleine Zeltstadt mit Restaurant, Tanzsaal und einem Zirkus aufgebaut. Der renommierte Caterer Käfer aus München-Bogenhausen übernimmt die Bewirtung. Severin Ahlmann hält eine seiner berühmten launigen Ansprachen. Aus dem Kreis der Familie nehmen der inzwischen 21-jährige Neffe Hans-Julius Ahlmann und Severins Nichte Katharina Halhuber-Ahlmann, die älteste Tochter seiner Schwester Marlene, teil.

Als in der Nacht nach dem Ende der Feierlichkeiten ein Teil der Zeltstadt abbrennt – die Brandursache konnte nicht geklärt werden – erscheint das wie ein schlechtes Omen für das, was wenige Tage später in Rendsburg geschehen wird.

↑ nach oben

Das Explosionsunglück in Rendsburg

Reinhard Kirschkowski (Mitte), eines der Opfer des Unglücks, hier in einer Aufnahme aus der Anfangszeit der SAB.

Am 9. November 1973 um 12:38 Uhr erschreckt ein „heftiger Knall“ Büdelsdorf. Unmittelbar ist „eine riesige Stichflamme“ über dem ACO-Gelände zu sehen.

Eine Explosion in der Fertigungshalle von ACO DRAIN! Es explodieren Chemikalien zur Herstellung der Polymerbeton-Mischung. Ein Teil der Halle ist sofort zerstört, Feuer bricht aus, das zu weiteren Zerstörungen führt. 14 Beschäftigte sind zum Zeitpunkt der Explosion in der Halle. Das Unglück geschieht kurze Zeit nach dem Schichtwechsel an der stationären Anlage. ACO-Mitarbeiter Uwe Wunderlich alarmiert sofort die Büdelsdorfer Feuerwache, die recht schnell mit den Löscharbeiten beginnt.

Severin Ahlmanns Schwester, die Ärztin Dr. Marlene Halhuber-Ahlmann, ist unweit des Unglücksorts in ihrem Elternhaus auf dem benachbarten Gelände der Carlshütte und eilt zur Unfallstelle, wo sie Erste Hilfe leistet. Severin Ahlmann hält sich zum Zeitpunkt der Explosion in Andernach auf.

Neun Menschen erleiden schwere, drei leichte Verbrennungen und Verletzungen. Reinhard Kirschkowski verstirbt direkt am Unfallort. Neben Feuerwehr und Rettungskräften ist bald auch die Kriminalpolizei vor Ort, die die anwesenden Mitarbeiter vernimmt.

Wenige Stunden nach der Explosion erliegen die Arbeiter Albert Bahrt, Herbert Jasker und Günter Noch ihren Verletzungen im Stadtkrankenhaus Rendsburg. Eine Woche später verstirbt auch Dieter Schmidt in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Ludwigshafen-Oggersheim. Insgesamt sind fünf Tote zu beklagen.

↑ nach oben

Nachwirkungen des Unglücks

Der Unfall wirkt sich unmittelbar auf den Umgang des Unternehmens mit Gefahren und Sicherheit aus. Bis zu diesem Herbst 1973 hat es bei ACO keine größeren Unfälle gegeben – und das trotz der vorwiegend belastenden körperlichen Arbeit sowie dem vielfachen Einsatz schweren Geräts. Die relativ neue Gefahrenquelle Chemikalien zur Harzherstellung in der Polymer-Fertigung hat man bis dahin – über dreieinhalb Jahre – gut im Griff.

Erste Konsequenz der Explosion in Rendsburg ist die Stilllegung der Polymerbeton-Produktion in Rendsburg, dann auch in Reith. Die Sicherheitsmaßnahmen werden überprüft und angepasst. Standards werden gemeinsam mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung auf das höchste Niveau gehoben.

Am 21. Januar 1974 wird die DRAIN-Produktion in Reith wieder angefahren. Die zerstörte Anlage in Rendsburg ist Anfang April wieder hergestellt – mit erhöhter Kapazität.

↑ nach oben

Acrylwannen – die versäumte Chance für ACO Andernach

Nachdem Konkurrenzfirmen wie Hoesch und Kaldewei Acrylwannen – als Alternative zur traditionellen Gusswanne – auf den Markt bringen, stellt ACO auf der Frankfurter Sanitärmesse 1973 die erste Rundbadewanne aus Glasfaser-Polyester mit nur einem Acryl-Gelcoat vor. Geschäftsführer Rolf Schönrock hält ein derartiges Nischenprodukt jedoch nicht für ausreichend. Er möchte in die Acrylwannenproduktion einsteigen.

Auf Initiative Schönrocks werden Verhandlungen mit dem schottischen Wannenhersteller Carron über eine Kooperation geführt. Carron soll zunächst für ACO Acrylwannen für den Verkauf auf dem deutschen Markt in zwei Normgrößen produzieren. Dann sollen die Schotten helfen, in Andernach eine eigene Acrylwannenproduktion aufzubauen. Doch hierfür sind Investitionen in erheblichem Umfang erforderlich. Severin Ahlmann zögert. Als die Verhandlungen mit Carron Anfang 1974 die Phase der Konkretisierung erreichen, ist der Unternehmensinhaber nach wie vor auf Weltreise. Generalbevollmächtigter Arno Seeger zögert, eine solch weitreichende strategische Entscheidung ohne Rücksprache mit dem Firmeninhaber zu treffen. Es kommt zu keinem Abschluss.

In seiner Autobiografie bezeichnet Severin Ahlmann es rückblickend als „schwerwiegenden unternehmerischen Fehler“, die Produktion der Acrylbadewannen nicht aufgenommen zu haben.

↑ nach oben

Die Carlshütte in den 1970ern

Die Carlshütte durchläuft Ende 1960er und frühen 1970er Jahren nach langem Stillstand einen vorsichtigen Modernisierungsprozess. Ihr Hauptprodukt sind nach wie vor Badewannen, doch andere traditionelle Produktionszweige, die von den Entwicklungen der Märkte überholt werden, gibt man sukzessive auf. Hierzu gehört etwa die Fertigung von Öfen, die 1972 endet.

Zugleich werden neue Felder erschlossen. Als zukunftsträchtig erweist sich der Strangguss, also die Herstellung von vorgefertigtem Rohmaterial und Halbfabrikaten aus Eisenlegierungen. Er erfordert aber bedeutende Investitionen in neue Anlagen.

Für 8 Millionen DM baut die Hütte 1970 einen kontinuierlich arbeitenden Kupolofen mit einer Leistung von 9 bis 15 Tonnen pro Stunde. Vier Elektro-Induktionsöfen sind dahinter geschaltet. Die neuen Anlagen mit zeitgemäßer Entstaubungstechnologie sind auch gut für die Umwelt – die Luftqualität in Büdelsdorf und Umgebung verbessert sich deutlich.

Obwohl der Name Carlshütte noch immer sehr präsent ist, firmiert das Unternehmen inzwischen schlicht als Ahlmann GmbH. Die in den frühen 1950er Jahren begonnene Produktion von Schwenkschauflern ist seit 1972 in die selbständige Firma Ahlmann Maschinenbau GmbH ausgegliedert. Hier ist man mit den 1969 und 1972 in Serie gegangenen völlig neu entwickelten Typen AS 7 und AS 12 auf Erfolgskurs.

Ein neues zukunftsträchtiges Geschäftsfeld will sich die Ahlmann GmbH mit der Produktion von Fertigbädern erschließen. Nach einjähriger Entwicklungszeit wird auf der Sanitärfachmesse ish 1973 in Frankfurt unter dem Namen „Badinet“ das Ahlmann-Komplettbad vorgestellt. Wenig später treten auch Werften mit dem Wunsch nach Fertigbadlösungen an Ahlmann heran. Das Badinet wird zum Marinet weiterentwickelt, einem Fertigbad für den Schiffsbau.

↑ nach oben

Krise auf der Carlshütte

Inmitten des Umstrukturierungsprozesses, den die Carlshütte durchläuft, kommt es zur bis dahin größten Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik. Im Frühjahr 1973 bricht das Weltwährungssystem von Bretton Woods zusammen. Bisher hatte dieses durch eine weitgehende Stabilisierung der Wechselkurse den Welthandel stimuliert und von Wechselkursrisiken weitgehend unabhängig gemacht. Jetzt steigt der Wert der Deutschen Mark gegenüber den Währungen der wichtigsten Handelspartner erheblich, etwa gegenüber dem US-Dollar um mehr als das Doppelte.

Für ein exportorientiertes Unternehmen wie die Carlshütte, das seine Produkte weltweit vermarktet, ist dies eine Katastrophe. Carola-Badewannen etwa verteuern sich im Ausland. Sie sind auf dem Weltmarkt mit einem Schlag nicht mehr konkurrenzfähig.

Hinzu kommen die neuen Produkte der Wettbewerber. Das sind die erwähnten, edlen Kunststoffwannen, und die vor allem von Kaldewei in großen Mengen produzierten emaillierten Stahlwannen. Diese sind leichter als Gusswannen, und damit für den Installateur leichter zu handhaben sind.

Es folgt ebenfalls 1973 die erste Ölkrise. Ausgelöst wird sie durch die Organisation der arabischen Erdölexportierenden Staaten (OAPEC), deren Mitglieder im Oktober als Reaktion auf den Jom-Kippur-Krieg beschließen, ihre Fördermengen zu drosseln, um politischen Druck auf den Westen auszuüben. Innerhalb von wenigen Monaten vervierfacht sich der Preis für Rohöl, auch die Preise für andere Rohstoffe steigen weiter. Die Konjunktur bricht 1974, insbesondere in der für Ahlmann so zentralen Baubranche, in einem Maße ein, das in der Geschichte der Bundesrepublik bislang unbekannt ist.

↑ nach oben

Konkurs der Carlshütte 1974!

Im September 1974 müssen die aus der traditionsreichen Carlshütte hervorgegangenen Unternehmen Ahlmann GmbH und Ahlmann Maschinenbau GmbH nach fast 150 Jahren erfolgreichen Wirkens Konkurs anmelden. Die Familie Ahlmann scheidet aus der Carlshütte aus. Der Hamburger Schiffsbergungsunternehmer Ulrich Harms kauft die Carlshütte zu einem „Ramschpreis“, wie es im SPIEGEL heißt. Er zahlt 13,7 Millionen DM.

Nach erheblichen Investitionen und Umstrukturierungen kann die Carlshütte mit einer deutlich verringerten Zahl an Beschäftigten und mit einem veränderten Produktspektrum fortgeführt werden. Die Schwerpunkte liegen nach wie vor auf den Bereichen Gießerei, Maschinenbau und Sanitär.

1998 geht auch Harms in Insolvenz und stirbt. Die Carlshütte wird aufgelöst und versteigert. Es ist Hans-Julius Ahlmann, der Gelände und Hallen zurückkauft, sodass ACO und Carlshütte topographisch und ideell endlich wieder vereint sind. Das Gelände wird unter federführender Beteiligung von Johanna Ahlmann, mit neuem Leben erfüllt wird, nunmehr als Kunstwerk Carlshütte.

Der Verkauf von ACO Andernach

Arno Seeger im Jahr 1979. Das Foto entsteht anlässlich seines 65. Geburtstages. Zu diesem Zeitpunkt ist Seeger bereits Eigentümer von ACO Andernach.

Der Konkurs des elterlichen Unternehmens Carlshütte stürzt Severin Ahlmann in eine schwere persönliche Krise. Er fühlt sich schuldig. Hinzu kommt die Scheidung von seiner zweiten Frau Maria, die im gleichen Jahr vollzogen wird.

Die Wirtschaftskrise erfasst auch ACO Andernach. Im Verlauf des Jahres 1974 kommt es zu massiven Umsatzeinbrüchen. Die optimistischen Wachstumsziele sind plötzlich in weite Ferne gerückt. Nur drei Wochen nach dem Konkurs der Carlshütte – Anfang September – bietet Arno Seeger an, das Werk in Andernach zu einem sehr günstigen Preis, nämlich nur 1 Mio. DM, zu übernehmen. Am 23. September 1974 wird der Vertrag unterschrieben. Seeger hat das Recht, den alten Firmennamen und den Markennamen ACO bis in das Jahr 1982 zu verwenden.

Somit endet im Jahr 1974 auch in diesem Betrieb die unternehmerische Aktivität der Familie Ahlmann.


↑ nach oben

Aus- und Rückblick: ACO auf Erfolgskurs

Nach dem Verkauf von ACO Andernach und dem Konkurs der Carlshütte konzentrieren sich die unternehmerischen Aktivitäten Severin Ahlmanns ganz auf das 1946 gegründete Unternehmen ACO in Rendsburg mit seinem Zweigwerk im unterfränkischen Reith. Es beginnt ein märchenhafter Aufstieg für das kleine Unternehmen ACO. In acht Jahren steigen die Umsätze, wesentlich durch ACO Drain getrieben, von 12 Mio. DM auf 43 Mio. DM.


Dieser Erfolg trägt eine Reihe von Namen: An der Spitze zu nennen sind der junge hochdynamische Geschäftsführer Ernst Vollstedt, ein echtes ACO Eigengewächs, der großartige Vertriebschef Karl-Arno Ebsen, der Vater des ACO Drain-Rinnensytems Dieter Brink und Uwe Wunderlich, der Erbauer der ersten Polyesterbetonanlage. Alle vier erfreuen sich noch ihres Lebens und können in ihren alten Tagen wahnsinnig stolz auf diesen einmaligen Lebenserfolg zurückblicken.

Am Ende des Jahres 1978 war der Lauf aber erstmal zu Ende. Viel weiter hoch ging es dann erstmal nicht. Mit dem Aufbau eigener ACO-Gesellschaften in der Schweiz, Frankreich und den USA und zahlreicher Auslandsvertretungen hatte man sich vielleicht etwas übernommen und das Unternehmen brauchte eine Verschnaufpause.

Als Hans-Julius Ahlmann seinen Onkel im Laufe des Jahres 1980 höflich fragte, ob er ihn brauchen könne - er war damals bei der MAN in Augsburg beschäftigt - willigte dieser gleich ein. Am 2. Mai 1981 tritt Hans-Julius Ahlmann in Rendsburg seinen Dienst an.

In den 40 Jahren seitdem hat sich ACO zu einem großen Unternehmen gemausert, weltweit aufgestellt, mit einer ganz starken Marke, und 1 Milliarde Umsatz. Möglich wurde das durch unsere Mitarbeiter, eine Menge Glück und unsere Unternehmenskultur, die versucht, bei möglichst vielen von uns den Unternehmer im Unternehmen herauszukitzeln. Und ein mancher von uns hat die unternehmerischen Visionen seines ganzen Lebens verwirklichen können. So möge es weitergehen… Und diese erste Milliarde, so sagt man, soll angeblich die schwerste sein…

Die ACO Wiki endet hier nicht, sie bleibt spannend bis in die Gegenwart. Sie wird in den kommenden Monaten Schritt für Schritt erweitert um mehr Geschichte und Geschichten von und über ACO.

Heute ist die ACO Gruppe mit Standorten und Produktionsstätten in mehr als 40 Ländern vertreten; siehe auch ACO Gruppe weltweit.

Impressum und Bildnachweis

Hier finden Sie das Impressum und den Bildnachweis.