WorkInProgress:Die Carlshütte (1827 - 1997): Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:Demontageliste 1947 SH teama 002.jpg|150px|thumb|right| | [[Datei:Demontageliste 1947 SH teama 002.jpg|150px|thumb|right|Liste von zur Demontage vorgesehenen Betrieben (29. August 1947, Auszug). Die Carlshütte an Position 450.]] | ||
Im Zweiten Weltkrieg fertigt das Werk zusätzlich Tragflächen für Kampfflugzeuge, etwa die Junkers Ju 87 (Sturzkampfflugzeug, „Stuka“), sowie Granathülsen. Bis zu 3.500 Menschen sind beschäftigt, darunter zeitweise auch rund 1.000 Zwangsarbeiter/-innen vieler Nationalitäten (Russen, Polen, Letten, Esten, Niederländer, Belgier, Franzosen, Tschechen, Kroaten und Jugoslawen). Bei Kriegsende hat die Carlshütte nur noch knapp 900 Beschäftigte. Nach nur wenigen Tagen Unterbrechung Anfang Mai 1945 geht die Carlshütte schon wieder in Produktion, noch bevor der Krieg reichsweit am 8./9. Mai endet. Zu ersten Fertigung zählen nun beispielsweise Latrinen- und Mülleimern, aber auch weiterhin Kleinherde. Am 1. August 1945 bestellt Käte Ahlmann neben sich den ältesten Sohn Hans-Julius, trotz dessen Abwesenheit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, zum geschäftsführenden Gesellschafter. Im Jahresverlauf 1946 steigt die Nachfrage nach Produkten wie Öfen, Kesseln, Hausgeräten und Sanitärartikeln wieder an. Bis Ende 1946 verdoppelt sich die Belegschaft auf rund 1.800 Personen. Die KG unterliegt als früherer Rüstungsbetrieb zwischen Frühjahr 1946 und Anfang 1947 einer sogenannten Vermögenssperre nach Gesetz Nr. 52 des Alliierten Kontrollrates. Sie entgeht der noch bis etwa 1948/49 im Raum stehenden Demontage zu Reparationszwecken durch die westlichen Besatzungsmächte. In den Folgejahren beginnt ein Expansionskurs mit Erweiterungen um die Geschäftsfelder Maschinenbau, Keramik- und Emailleherstellung (1947 und ’48) sowie Logistik mit einer Spedition und einer Reederei (1950 und ’51). | Im Zweiten Weltkrieg fertigt das Werk zusätzlich Tragflächen für Kampfflugzeuge, etwa die Junkers Ju 87 (Sturzkampfflugzeug, „Stuka“), sowie Granathülsen. Bis zu 3.500 Menschen sind beschäftigt, darunter zeitweise auch rund 1.000 Zwangsarbeiter/-innen vieler Nationalitäten (Russen, Polen, Letten, Esten, Niederländer, Belgier, Franzosen, Tschechen, Kroaten und Jugoslawen). Bei Kriegsende hat die Carlshütte nur noch knapp 900 Beschäftigte. Nach nur wenigen Tagen Unterbrechung Anfang Mai 1945 geht die Carlshütte schon wieder in Produktion, noch bevor der Krieg reichsweit am 8./9. Mai endet. Zu ersten Fertigung zählen nun beispielsweise Latrinen- und Mülleimern, aber auch weiterhin Kleinherde. Am 1. August 1945 bestellt Käte Ahlmann neben sich den ältesten Sohn Hans-Julius, trotz dessen Abwesenheit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, zum geschäftsführenden Gesellschafter. Im Jahresverlauf 1946 steigt die Nachfrage nach Produkten wie Öfen, Kesseln, Hausgeräten und Sanitärartikeln wieder an. Bis Ende 1946 verdoppelt sich die Belegschaft auf rund 1.800 Personen. Die KG unterliegt als früherer Rüstungsbetrieb zwischen Frühjahr 1946 und Anfang 1947 einer sogenannten Vermögenssperre nach Gesetz Nr. 52 des Alliierten Kontrollrates. Sie entgeht der noch bis etwa 1948/49 im Raum stehenden Demontage zu Reparationszwecken durch die westlichen Besatzungsmächte. In den Folgejahren beginnt ein Expansionskurs mit Erweiterungen um die Geschäftsfelder Maschinenbau, Keramik- und Emailleherstellung (1947 und ’48) sowie Logistik mit einer Spedition und einer Reederei (1950 und ’51). | ||
Version vom 4. März 2020, 10:37 Uhr
Gründung
Die Carlshütte wird im Jahr 1827 in der heute schleswig-holsteinischen Stadt Büdelsdorf errichtet. Gründer ist der Rendsburger Kaufmann Markus Hartwig Holler (1796–1858). Seine Eisenhütte ist der erste Industriebetrieb überhaupt auf der jütischen Halbinsel, also im gesamten Gebiet nördlich der Elbe. Büdelsdorf, wie das gesamte Herzogtum Schleswig, gehört zu dieser Zeit und noch bis 1864 politisch zum sogenannten Dänischen Gesamtstaat, während bereits das unmittelbar südlich angrenzende Herzogtum Holstein dem Deutschen Bund angehört. Allerdings ist der kleine Ort hier, am Nordufer des 1784 fertiggestellten Eiderkanals, recht verkehrsgünstig gelegen. Die anfängliche Verhüttung von lokalem Erz, sogenanntem Raseneisenerz, erweist sich als unrentabel, weswegen schon bald die Fertigung auf Gusseisen umgestellt wird. Daraufhin beschäftigt die Carlshütte Anfang der 1840er Jahre bereits rund 250 Menschen. In den 1870er Jahren trifft die sogenannte Gründerkrise auch die Carlshütte, die Absätze sinken.
Der erste Ahlmann in der Carlshütte
Seit 1883 ist Johannes Ahlmann (1851-1939), der einer dänischen Kaufmannsfamilie entstammt, neuer kaufmännischer Direktor und Geschäftsleiter. Er initiiert neue Produkte wie Öfen, Milchzentrifugen und besonders emaillierte Badewannen. Damit wird die Carlshütte als Marke nun weltbekannt. Um die Wende zum 20. Jahrhundert entwickelt sich der Betrieb rasant. Als 1895 unmittelbar an die Eider grenzend der Kaiser-Wilhelm-Kanal (Nord-Ostsee-Kanal) eröffnet, ist das hinsichtlich der Transportwege ein logistischer Quantensprung für die Carlshütte. Um 1910 fertigen weit über 1.000 Arbeiter Eisengussprodukte. Vor allem deren Qualität ermöglicht beträchtliche Gewinne. Dass von diesem Zusammenhang auch die Standortgemeinde erheblich profitiert, verdeutlicht prägnant das Beispiel eines Artikelsegmentes der Carlshütte: präzise eiserne Gewichte. Für jedes einzelne Exemplar dieser jahrzehntelangen Verkaufsschlager musste der Kunde Eichgebühren bezahlen, an denen Büdelsdorf partizipierte. Das füllte die kommunale Kasse in dem Maße, dass die Einwohner von Steuern befreit wurden. Innerbetrieblich ist Johannes Ahlmann am Beginn des 20. Jahrhunderts der verantwortungsbewusste Firmenpatriarch, lässt Werkswohnungen und ein Feierabendheim bauen, sorgt für die Beschaffung preisgünstiger Nahrungs- und Konsumgüter.
Die zweite Generation
Anfang 1919 wird Johannes‘ Sohn Julius Hans Ahlmann (1880-1931) kaufmännischer Direktor der Carlshütte. Er führt die Arbeit des Vaters fort, hat aber bald auch mit Rückschlägen umzugehen. 1922 verwüstet ein Brand einen Großteil der Fabrik. Nach der Währungsreform 1923 sinken die Absätze, die Carlshütte geht in Kurzarbeit. Ab 1925 führt Julius Ahlmann das Werk alleine – der technische Geschäftsführer Rudolph Meyn steigt aus – und modernisiert den Betrieb. Neue Prozesse und Maschinen werden eingeführt, das Marketing erstmals intensiviert. Erst die Weltwirtschaftskrise bremst ab 1930 die Expansion wieder ab.
Käte Ahlmann übernimmt
Im Jahr 1931 stirbt Julius Ahlmann. Auf seinen Wunsch übernimmt seine Witwe Käte Ahlmann, geborene Braun, (1890-1963) die Leitung der Carlshütte. Noch ist die Firma an der Hamburger Börse notiert; de facto ist sie seit Jahrzehnten zu einem inhabergeführten Familienunternehmen der Ahlmanns geworden. Die Carlshütte wird 1937 in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, die ab 1941 den Namen Ahlmann-Carlshütte K.G. trägt.
Krieg, Rüstung und Zwangsarbeit
Im Zweiten Weltkrieg fertigt das Werk zusätzlich Tragflächen für Kampfflugzeuge, etwa die Junkers Ju 87 (Sturzkampfflugzeug, „Stuka“), sowie Granathülsen. Bis zu 3.500 Menschen sind beschäftigt, darunter zeitweise auch rund 1.000 Zwangsarbeiter/-innen vieler Nationalitäten (Russen, Polen, Letten, Esten, Niederländer, Belgier, Franzosen, Tschechen, Kroaten und Jugoslawen). Bei Kriegsende hat die Carlshütte nur noch knapp 900 Beschäftigte. Nach nur wenigen Tagen Unterbrechung Anfang Mai 1945 geht die Carlshütte schon wieder in Produktion, noch bevor der Krieg reichsweit am 8./9. Mai endet. Zu ersten Fertigung zählen nun beispielsweise Latrinen- und Mülleimern, aber auch weiterhin Kleinherde. Am 1. August 1945 bestellt Käte Ahlmann neben sich den ältesten Sohn Hans-Julius, trotz dessen Abwesenheit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, zum geschäftsführenden Gesellschafter. Im Jahresverlauf 1946 steigt die Nachfrage nach Produkten wie Öfen, Kesseln, Hausgeräten und Sanitärartikeln wieder an. Bis Ende 1946 verdoppelt sich die Belegschaft auf rund 1.800 Personen. Die KG unterliegt als früherer Rüstungsbetrieb zwischen Frühjahr 1946 und Anfang 1947 einer sogenannten Vermögenssperre nach Gesetz Nr. 52 des Alliierten Kontrollrates. Sie entgeht der noch bis etwa 1948/49 im Raum stehenden Demontage zu Reparationszwecken durch die westlichen Besatzungsmächte. In den Folgejahren beginnt ein Expansionskurs mit Erweiterungen um die Geschäftsfelder Maschinenbau, Keramik- und Emailleherstellung (1947 und ’48) sowie Logistik mit einer Spedition und einer Reederei (1950 und ’51).
Wirtschaftswunderjahre, Krise und Abwicklung
Noch Jahre prosperiert das Traditionsunternehmen – bis das Hauptprodukt, emaillierte gusseiserne Badewannen, gegen die Konkurrenz des Kunststoffs nicht mehr bestehen kann. Auch traditionelle Heizöfen und -kessel werden aufgrund des Wandels in der Energiegewinnung, weg von der Kohlenbefeuerung, kaum mehr nachgefragt. Käte Ahlmann stirbt 1963, der von ihr auserkorene Unternehmenserbe, ihr Enkel Hans-Julius, ist zu diesem Zeitpunkt erst 11 Jahre alt. 1974 wird die erste Insolvenz noch überstanden; der Unternehmer Ulrich Harms springt ein, saniert zunächst erfolgreich, wenn auch nicht unumstritten. 1997 allerdings folgt die endgültige Schließung der Carlshütte.
Heimstatt für Kultur und Arbeit
Sukzessive kauft Hans-Julius Ahlmann das frühere Werksgelände zurück. Auf dem weitläufigen Gelände befinden sich heute u.a. die Betriebsstätten von ACO. Die Hallen der alten Carlshütte beherbergen inzwischen das Projekt Kunstwerk Carlshütte sowie die jährliche internationale Kunstausstellung NordArt.