"Treu und wahr" - Familie Ahlmann: Unterschied zwischen den Versionen
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„Treu und wahr“ ist das Motto der weitverzweigten Familie Ahlmann. Sie gehört zu den großen bürgerlichen Familien Schleswig-Holsteins und Dänemarks, deren Geschichte sich bis an den Beginn der frühen Neuzeit zurückverfolgen lässt. Ihr Aufstieg vollzieht sich parallel zu Entwicklungen, welche unsere gegenwärtige moderne Zeitepoche miteinleiten: Aufschwung von Marktwirtschaft und Welthandel sowie Industrialisierung. An diesen Prozessen hat die Familie Anteil. | „Treu und wahr“ ist das Motto der weitverzweigten Familie Ahlmann. Sie gehört zu den großen bürgerlichen Familien Schleswig-Holsteins und Dänemarks, deren Geschichte sich bis an den Beginn der frühen Neuzeit zurückverfolgen lässt. Ihr Aufstieg vollzieht sich parallel zu Entwicklungen, welche unsere gegenwärtige moderne Zeitepoche miteinleiten: Aufschwung von Marktwirtschaft und Welthandel sowie Industrialisierung. An diesen Prozessen hat die Familie Anteil. | ||
=== Die Sønderborger Stammväter === | === Die Sønderborger Stammväter === | ||
==== Kapitäne und Kaufleute ==== | ==== Kapitäne und Kaufleute ==== | ||
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Seinem jüngsten Sohn Hans Ahlmann (1820-1896), der die Geschäfte des Vaters übernimmt, fehlt es an kaufmännischem Geschick, 1882 muss er Konkurs anmelden. Doch die anderen Söhne sind erfolgreich. Der Älteste, wiederum Otto Friedrich genannt, übernimmt bereits mit 22 Jahren ein großes Gut in Ussinggaard. Als er 1873 stirbt, bestimmt er einen Teil seines Vermögens zur Errichtung u.a. der„Otto Ahlmann´schen Familienstiftung“, die der Unterstützung verarmter und der Ausbildung jüngerer Familienmitglieder dient. Der zweitjüngste, Wilhelm, wird Bankier in Kiel, der dritte Sohn, Thomas Jörgen, Kaufmann in Fredericia. | Seinem jüngsten Sohn Hans Ahlmann (1820-1896), der die Geschäfte des Vaters übernimmt, fehlt es an kaufmännischem Geschick, 1882 muss er Konkurs anmelden. Doch die anderen Söhne sind erfolgreich. Der Älteste, wiederum Otto Friedrich genannt, übernimmt bereits mit 22 Jahren ein großes Gut in Ussinggaard. Als er 1873 stirbt, bestimmt er einen Teil seines Vermögens zur Errichtung u.a. der„Otto Ahlmann´schen Familienstiftung“, die der Unterstützung verarmter und der Ausbildung jüngerer Familienmitglieder dient. Der zweitjüngste, Wilhelm, wird Bankier in Kiel, der dritte Sohn, Thomas Jörgen, Kaufmann in Fredericia. | ||
=== Die Kieler Linie === | |||
==== Wilhelm Ahlmann (1817-1910) – Politiker, Bankier und Verleger ==== | |||
[[Datei:1 Schilling blau 1850 SH.png|400px|thumb|right|Die 1-Schilling-Marke war die erste Briefmarke Schleswig-Holsteins. Ihre Einführung geht auf die Initiative von Wilhelm Ahlmann zurück.]] | |||
Otto Friedrichs Sohn Wilhelm Ahlmann wird angesichts der schleswig-holsteinischen Frage zunächst politisch aktiv. Nach dem Studium der Nationalökonomie, Promotion und Habilitation wird der überzeugte Liberale, der seit 1847 als Privatdozent an der Kieler Universität tätig ist, im Revolutionsjahr 1848 zusammen mit dem Historiker Johann Gustav Droysen Sekretär der Provisorischen Schleswig-Holsteinischen Regierung in Kiel. Als Abteilungschef im Department des Innern untersteht ihm das Postwesen: In dieser Funktion führt er 1850 die Briefmarke ein, seinerzeit eine hochmoderne Innovation, die sich in Deutschland bis dahin nur zögerlich durchzusetzen vermag. | |||
Noch 1848 wird Wilhelm außerdem Beobachter im Paulskirchen-Parlament und Abgeordneter der Landesversammlung. Obwohl die Erhebung letztlich scheitert und Wilhelm seine Ämter aufgeben muss, schadet sein vorübergehendes politisches Engagement dem späteren Erfolg seiner Unternehmungen nicht. | |||
1852 gründet der enttäuschte Revolutionär sein eigenes Bankhaus, das erste in Kiel und das zweite in Schleswig-Holstein: Die Ahlmannbank. Zunächst auf Geldwechselgeschäfte spezialisiert, erschließt sich die Bank nach der Gründung des Deutschen Reichs und der Einführung einer reichseinheitlichen Währung das Wertpapiergeschäft und die Hypothekenvermittlung. Sie fungiert von 1873 bis 1917 als faktische Landesbank der nunmehrigen preußischen Provinz Schleswig-Holstein. |
Version vom 22. Juni 2021, 15:44 Uhr
„Treu und wahr“ ist das Motto der weitverzweigten Familie Ahlmann. Sie gehört zu den großen bürgerlichen Familien Schleswig-Holsteins und Dänemarks, deren Geschichte sich bis an den Beginn der frühen Neuzeit zurückverfolgen lässt. Ihr Aufstieg vollzieht sich parallel zu Entwicklungen, welche unsere gegenwärtige moderne Zeitepoche miteinleiten: Aufschwung von Marktwirtschaft und Welthandel sowie Industrialisierung. An diesen Prozessen hat die Familie Anteil.
Die Sønderborger Stammväter
Kapitäne und Kaufleute
Die ältesten Ahlmanns stammen der Überlieferung nach aus Westfalen oder aus dem Harz, von wo aus sie wohl um 1500 in das dänische Sønderborg kommen. Ein Michael Ahlmann ist vor 1590 der erste Vertreter der Familie, der namentlich erwähnt wird und damit aus dem Dunkel der Geschichte tritt. Deutlicher werden die Konturen bei seinen Nachfahren. Sein Enkel Jacob Iversen Ahlmann (1616-1677) ist bereits zweiter Bürgermeister seiner Heimatstadt Sønderborg.
Die Familie ist rasch zu Ansehen und Status gekommen, sie ist in der Seefahrt und im Handel tätig. Als das Schiff Michael Ahlmanns (1649-1734), des Sohnes von Jacob Iversen, während einer Fahrt ins Mittelmeer von nordafrikanischen Seeräubern gekapert wird, kauft ihn das Sonderburger Schiffergelag, ein Zusammenschluss von Seefahrern, welcher der gegenseitigen Absicherung dient, wieder frei.
Obwohl vielen Ahlmanns das Kaufmännische im Blut zu liegen scheint, weitet sich das Feld ihrer beruflichen Tätigkeiten in der Folge weiter aus: Neben Kapitänen und Kaufleuten finden sich auch Lehrer, Offiziere, Pastoren und Gutsherren. Aus der Ehe von Michael Sohn Hans Michelsen Ahlmann (1692-1768), Schiffer und Bürgermeister in Sønderborg, mit der Pastorentochter Cecilie Steenlos gehen vier Söhne hervor. Drei von ihnen werden zu Stammvätern von bis heute existierenden Linien der Familie. Auf Michael (1738-1820) geht die dänische Linie der Ahlmanns zurück, wohingegen Hans (1743-1818) die Linie Guderup begründet.
Der jüngste Sohn, Otto Friedrich (1748-1832), ist wie viele seiner Vorfahren zunächst als Kapitän tätig, ehe er sich in Norburg auf der Insel Alsen als Kaufmann niederlässt. Von ihm stammt die Gravensteiner Linie und damit die bis heute in Büdelsdorf ansässige Unternehmerfamilie Ahlmann ab.
Otto Friedrich – Stammvater der Gravensteiner Ahlmanns
Otto Friedrichs jüngerer Sohn Jürgen (1789-1873) wird Kaufmann in Apenrade und steigt dort zum Ratsherrn auf. Der ältere Sohn, der wie der Vater Otto Friedrich heißt (1786-1866), tritt nach dem Besuch der Schule zunächst in das Geschäft seines Vaters ein, ehe er zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Gravenstein übersiedelt und dort nach einigen Jahren das Handelsgeschäft des Nicolay Henningsen übernimmt. Als einziger Kaufmann in dem kleinen Residenzort baut er seine Unternehmungen mit Energie, Geschick und Tatendrang aus, erwirbt Brauerei- und Brennrechte sowie umfangreiche Ländereien. Er handelt mit Waren aller Art, insbesondere mit Holz und beteiligt sich an Schiffen und am Überseehandel. Aus seiner Ehe mit Marie Magdalene Lorenzen gehen drei Töchter und sieben Söhne hervor, denen er eine gute Ausbildung zukommen lässt. Seine Unternehmungen geraten in eine Krise, als er sich im Zuge der Auseinandersetzungen um die Zugehörigkeit des national gespaltenen Herzogtums Schleswig auf die Seite des Herzogs Christian August stellt, der ein von Dänemark unabhängiges Herzogtum anstrebt. Otto Friedrich verliert seine Großhandelskonzession und kann seine Geschäfte nach 1850 nur noch in kleinerem Rahmen weiter führen.
Seinem jüngsten Sohn Hans Ahlmann (1820-1896), der die Geschäfte des Vaters übernimmt, fehlt es an kaufmännischem Geschick, 1882 muss er Konkurs anmelden. Doch die anderen Söhne sind erfolgreich. Der Älteste, wiederum Otto Friedrich genannt, übernimmt bereits mit 22 Jahren ein großes Gut in Ussinggaard. Als er 1873 stirbt, bestimmt er einen Teil seines Vermögens zur Errichtung u.a. der„Otto Ahlmann´schen Familienstiftung“, die der Unterstützung verarmter und der Ausbildung jüngerer Familienmitglieder dient. Der zweitjüngste, Wilhelm, wird Bankier in Kiel, der dritte Sohn, Thomas Jörgen, Kaufmann in Fredericia.
Die Kieler Linie
Wilhelm Ahlmann (1817-1910) – Politiker, Bankier und Verleger
Otto Friedrichs Sohn Wilhelm Ahlmann wird angesichts der schleswig-holsteinischen Frage zunächst politisch aktiv. Nach dem Studium der Nationalökonomie, Promotion und Habilitation wird der überzeugte Liberale, der seit 1847 als Privatdozent an der Kieler Universität tätig ist, im Revolutionsjahr 1848 zusammen mit dem Historiker Johann Gustav Droysen Sekretär der Provisorischen Schleswig-Holsteinischen Regierung in Kiel. Als Abteilungschef im Department des Innern untersteht ihm das Postwesen: In dieser Funktion führt er 1850 die Briefmarke ein, seinerzeit eine hochmoderne Innovation, die sich in Deutschland bis dahin nur zögerlich durchzusetzen vermag.
Noch 1848 wird Wilhelm außerdem Beobachter im Paulskirchen-Parlament und Abgeordneter der Landesversammlung. Obwohl die Erhebung letztlich scheitert und Wilhelm seine Ämter aufgeben muss, schadet sein vorübergehendes politisches Engagement dem späteren Erfolg seiner Unternehmungen nicht.
1852 gründet der enttäuschte Revolutionär sein eigenes Bankhaus, das erste in Kiel und das zweite in Schleswig-Holstein: Die Ahlmannbank. Zunächst auf Geldwechselgeschäfte spezialisiert, erschließt sich die Bank nach der Gründung des Deutschen Reichs und der Einführung einer reichseinheitlichen Währung das Wertpapiergeschäft und die Hypothekenvermittlung. Sie fungiert von 1873 bis 1917 als faktische Landesbank der nunmehrigen preußischen Provinz Schleswig-Holstein.