WorkInProgress:ACO Schweiz
Aufbau des Produktvertriebes im Alpenraum
Ende 1970 gehen die Rendsburger eine erste Vertriebspartnerschaft zur Erschließung eines Marktes im europäischen Ausland für ACO DRAIN ein: Ab Dezember tätigt die Studer und Thomann AG im Kanton Zürich den Alleinvertrieb für die Schweiz, ab Mitte April 1973 auch für Österreich.
1976 und '77 wird das Vertriebskonzept für den Alpenraum geändert. Die Firma Seidendruckerei Mitlödi AG im Kanton Glarus übernimmt zuerst im Fenstersegment mit Wirkung 1. April 1976 den Alleinvertrieb für die Absatzgebieten Schweiz, Liechtenstein und Italien. Das umfasst die ACO Komplett-Fenster für Stall- und Kellerbau, ACO Bitherm-Isolierfenster für Stall- und Gewerbebau, ACO Markant-Laibungsfenster, das ACO Perfekt Lichtschacht-System und sogar die ACO Step Schuhabstreifer sowie das ACO Sport-Programm. Schon per 1. Mai 1976 geht dieses Vertriebsprogramm für die Schweiz und Norditalien auf eine von der Seidendruckerei Mitlödi neu gegründete Vertriebsfirma über. Mit dem 1. Januar 1977 kommt das ACO DRAIN-Programm hinzu, auch für das Absatzgebiet Österreich, da der Vertrag mit Studer und Thomann am 31. Dezember 1976 endet.
1973: Erste Fertigung von ACO-Polymerbeton im Ausland
Am 5. Februar 1973 startet ebenfalls in der Schweiz, bei der Seidendruckerei Mitlödi AG, erstmals eine Lizenzfertigung von ACO DRAIN im Ausland. Bereits ab Juni 1972 wird das Projekt konkret, die Umsetzung funktioniert am Ende fast reibungslos. Die Seidendruckerei investiert kräftig und stellt eine neue Fabrikhalle an ihrem Standort im Ort Mitlödi bereit. Die erforderliche Technik liefert ACO Rendsburg im Dezember zum Preis von 500.000,- DM. Angereiste ACO-Techniker montieren bis Anfang Februar 1973 die Maschinenanlage und begleiten danach auch die ersten zwei Wochen des Betriebes. Parallel sind zunächst drei Schweizer Mitarbeiter bei ACO in Reith auf der neuen Fertigung geschult bzw. eingearbeitet worden. Der Zulieferer für metallene Komponenten der DRAIN-Rinnen, der Gussroste, ist ACO Andernach. Einen Monat früher als ursprünglich angesetzt, kann die Produktion von ACO DRAIN auf dem neuen Fertigungsstrang schon am 5. Februar 1973 anlaufen.
Die ACO DRAIN-Produktion in der Schweiz entwickelt sich langfristig positiv. Im ersten vollen Fertigungsjahr 1974 erwirtschaftet die Seidendruckerei, bei Verkaufserlösen von über 2,5 Millionen Schweizer Franken plus Lagerbeständen, einen Reingewinn von guten 226.000,- Franken. Bereits im Herbst 1976 wird die Fertigung in Mitlödi erstmals umgebaut, d.h. auch optimiert und den Sicherheitsstandards angepasst. Ab Ende des Jahres fertigt die Seidendruckerei auf ihrer Polymerbetonanlage zudem in dem neuen Programm ACO SELF Entwässerung- und Bauelemente für Haus und Garten, dazu ACO ELASTIC-Randsteine und die ACO STEP-Schuhabstreifer. Keine drei Jahre später wird die Technik abermals umgebaut und modernisiert. Die nun neu installierte Polymeranlage für ein variables Gussprogramm läuft im April 1979 an.
ACO Bauelemente Vertrieb
Im Frühjahr 1976 gründet die Seidendruckerei Mitlödi AG die Gesellschaft ACO Bauelemente Mitlödi - die Verwendung der ACO-Firmierung ist zugesichert. Die Vertriebsorganisation der ACO Bauelemente nimmt Sitz in Kilchberg bei Zürich und bearbeitet ab 1. Mai 1976 (Fenster u.a.), bzw. 1. Januar 1977 (ACO DRAIN) die Vertriebsprogramme.
ACO Bauelemente tritt damit die Nachfolge der Studer und Thomann AG an, die inzwischen eigene Pläne verfolgt: Der erste Partner in der Schweiz steigt selber in die Produktion von Entwässerungsrinnen ein. Studer und Thomanns ausgegründete Tochterfirma Poly-Bauelemente hat bis Herbst 1976 ihr System namens Polydrain marktreif und in Fabrikation. ACO ist über die Entwicklung im Bilde. Ab Januar 1977 wird Polydrain verkauft. Das System - die Rinne mit den "roten Punkt" - ähnelt ACO DRAIN sehr, wird auch in gleicher Weise beworben. Schon im Frühsommer 1977 gibt es mit dem ex-Partner erstmals eine Wettbewerbssituation am Rinnenmarkt, auch in Deutschland.
ACO Bauelemente AG
Der Ausdruck "ACO Schweiz" ist seit den 1970ern geläufig, doch er ist ein Sammelbegriff für die bis 1988 selbständigen Gesellschaften ACO Bauelemente AG und Seidendruckerei AG in Mitlödi. ACO Severin Ahlmann in Rendsburg ist an beiden in Minderheiten beteiligt. Mit Stichtag 1. Juli 1988 ändert sich das - es wird "entflechtet". ACO Rendsburg übernimmt alle Anteile der Bauelemente AG, Severin Ahlmanns persönliche Anteile an der Seitendruckerei AG werden rückübertragen. Die ACO Bauelemente AG wird organisatorisch 100-prozentige Tochter der Severin Ahlmann Holding GmbH, dem Firmenmantel mit Sitz in Rendsburg, der ACOs ausländische Schwestergesellschaften hält. Erstmals sind alle europa- und weltweiten ACO-Gesellschaften unter einem Dach zusammengschlossen. Die Geschäfte in der Schweiz leitet weiterhin Peter Saredi, wie schon seit den 1970ern und noch in den 1990er Jahren.
Die neue "ACO Schweiz" - noch mit Sitz in Mitlödi - bleibt der Knotenpunkt für Produktion und Vertrieb im Alpenraum. So wird auch das Vertriebsbüro der ACO Bauelemente in Salzburg, Österreich, von hier betrieben. Regelmäßig stellen die Schweizer auf der zweijährig stattfindenden, wichtigsten überregionalen Messe Swissbau in Basel aus. Die 1989er Schau ist die bis dato erfolgreichste für ACO Bauelemente Mitlödi, das gesamte Lieferprogramm erzeugt Aufsehen.
ACO diversifiziert die Produktpalette in der Schweiz weiter, um breitest möglich in Märkte einzudringen. So wird das ACO Edelstahl Programm eingeführt, um Kundschaft im Lebensmittelbereich und Pharmazeutikbereich zu gewinnen und auch die Produktlinie ACO Segment setzt sich in der Schweiz erfolgreich durch. ACO bringt einige Sonderprodukte heraus, etwa Kabelschächte für Italien oder spezielle ACO Schweiz Maschinenbauteile.
Auf der Produktseite realisiert ACO Bauelemente Ende der 1980er Jahre und um 1990 einige interessante Objekte mit beispielsweise ACO PRO. Das bekannteste liegt im Kanton Baselland und heißt "Anwiler Weiher". Hier werden insgesamt 6 Amphibientunnel a 18 m sowie eine größere Anzahl Leitwände, Einlauf- und Stoppelemente geliefert.
Aber auch durch Kooperationen mit anderen Unternehmen möchte ACO in neue Produktbereiche vordringen. So wird im Tiefbaubereich eine Kooperation mit der Steinzeugfabrik Embrach AG eingegangen und der gemeinsame Markenname STECO kreiert. Ziel ist es, besonders im schweizerischen Tunnelbau mit Schalenelementen aus Polymerbeton dabei zu sein.
1991: Neubau in Netstal
Am 16. August 1991 eröffnet in Netstal im Kanton Glarus, nur wenige Kilometer von Mitlödi entfernt, eine neues ACO-Werk. Der ansprechende Neubau vor Bergpanorama und auf der "grünen Wiese", samt Feuchtbiotop auf dem Betriebshof, hat ein Architektenteam entworfen. Das gesamte Areal umfasst 30.000 m² gekaufter Landfläche, die zwar nicht sofort, doch 20 Jahre später voll genutzt werden. Im Inneren sind die völlig neuen Produktionsanlagen von ACO-Anlagentechniker Uwe Wunderlich geplant und gebaut worden.
Netstal löst Mitlödi nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Verwaltungssitz ab. ACO Schweiz zieht um.
Kooperation und Akquisition
Mit Beginn der 1990er Jahre führt ACO Schweiz verschiedene ACO-Produktlinien neu ein. Etwa das ACO FARM-Sortiment, eine insgesamt nur kleine Sparte in der Schweiz, die ACO jedoch umgehend marktführend bedient. Auch die Linie ACO Segment wird erfolgreich. Ganz zentral wird zudem das ACO Edelstahl-Programm, das die Tür zur bekannten schweizerischen Lebensmittel- und Pharmaindustrie öffnet. Das ACO-Amphibienleitsystem sorgt in der Schweiz ja bereits für Aufmerksamkeit.
Im Tiefbaubereich entsteht eine Kooperation mit der Steinzeugfabrik Embrach AG im Kanton Zürich - es wird der gemeinsame Markennahme STECO kreiert. Ziel ist es, im schweizerischen Tunnelbau mit Schalenelementen aus Polymerbeton dabei zu sein.
In den 1990er Jahren kann ACO seine Marktposition insbesondere durch Akquisitionen stärken. Zunächst übernimmt ACO in der deutschsprachigen Schweiz eine Agentur für hochwertige Tessiner Fassadensteine, sogenannte BKS-Steine, die besonders durch den Architekten Mario Botta bekannt geworden sind. 1994 folgt die Firma Inotec im Nachbarkanton St. Gallen, am Ende des Jahrzehnts der langjährige Wettbewerber Polybau.
Inotec
Inotec in Sargans, unweit der Grenze zu Liechtenstein, ist Hersteller von Edelstahl- sowie Baustahlartikeln, etwa Rinnen, Abläufen, Wannen und Spezialprodukten. Die Firma passt gut ins ACO-Portfolio und wird per 1. Januar 1994 der ACO Bauelemente AG in Netstal angegliedert. Da die Produkte der neuen ACO-Schwester bereits früher die Materialtrennung Edelstahls-Baustahl notwendig machten, existieren zwei völlig autarke Fertigungen. In den Kernbereichen der Blechbearbeitung läßt ACO nun modernste, auch CNC-gesteuerte Maschinen installieren.
Auch ACO Schweiz setzt ab 1995 verstärkt auf den Werkstoff Edelstahl. Daher fokussiert sie und schafft sich in diesem Jahr durch die Neugründung der Inotec Edelstahltechnik AG, mit der ACO Bauelemente AG als Mehrheitsaktionärin, eine eigenständige Basis. Inotec Edelstahltechnik produziert noch einige Jahre ausschließlich im gut ausgestatteten Werk in Sagrans, zuletzt mit sechs Mitarbeitern. Ab 2003 wird der zentrale schweizerische Standort Netstal um 7200 m³ Lagerkapazität - vor allem durch einen Hallenneubau östlich des ACO-Areals in Richtung Linth - ausgebaut, so dass die Inotec AG hierher umziehen kann.
Polybau
Vor Ende der Dekade, entschließt sich ACO 1999 zur Übernahme der schweizerischen Firma Polybau in Bätterkinden. Das 1976 gegründete Unternehmen ist aus Studer und Thomann, dem früheren Vertriebspartner von ACO, hervorgegangen. Polybau hatte damals durch die Markteinführung der Polydrain-Rinne mit dem „roten Punkt“ für Aufsehen gesorgt und war zum Wettbewerber von ACO DRAIN aufgestiegen.
Das Polydrain-System wird in den nächsten Jahren Teil einer internationalen Multibrand-Strategie von ACO. Insbesondere ab dem 1. Juli 2005 ist das sichtbar, als Polydrain mit dem im Jahr 2003 erworbenen belgischen Wettbewerber Alfa Drain unter dem Namen Poly Alfa Gruppe zusammengeführt wird.
2003: ACO Passavant AG
Mit dem 1. Januar 2003 erfolgt die Vereinigung der bis dahin drei in Netstal ansässigen Firmen und ihrer rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zusammen ACO Schweiz bilden: Die ACO Bauelemente AG, die Inotec Edelstahltechnik AG und die Passavant Netstal AG fusionieren zur ACO Passavant AG. Damit ist der Kern eines bereits im Jahr 2000 entwickelten Mehrjahresplan zur optimalen Nutzung von Synergien der Akquisitionen verwirklicht. Weiterer Bestandteil dieses Planes ist der Ausbau in Netstal um Hallen- und Lagerkapazität.
Die ACO Passavant AG bekommt es gleich mit Großprojekten im schweizerischen Tunnelbau zu tun. Aufträge im Jahr 2003 sind der Hafnerbergtunnel als Teil der Westumfahrung von Zürich und der Tunnel Gousse. 2004 werden drei weitere Objekte gebucht: Der Kirchenwaldtunnel an der Gotthard-Autobahn bei Luzern erhält auf ca. 3,5 km Schlitzrinnen, die einzeln mit 2,5 m Länge und einem Gewicht von über 700 kg die schwersten ACO Rinnen bislang sind. Im Tunnel St. Johann der Nordtangente Basel werden ca. 4,5 km Kabelkanälen und 2,7 km Schlitzrinnen verbaut, mehr als 8 km Rinnen und Randsteine kommen im Aeschertunnel der Westumfahrung Zürich hinzu. Diese Aufträge, jeweils mit Größenordnungen im siebenstelligen Schweizer Franken-Bereich, sichern die Auslastung der modernisierten Netstaler Gießmaschine über 2006 hinaus.
Zum 1. Januar 2009 übernimmt ACO Schweiz von der Vigier Holding den langjährigen Hauptkonkurrenten für Polymerbetonteile am schweizerischen Tunnelmarkt, die Fritschi Bauelemente AG. Das bedeutet eine erhebliche Sortimentserweiterung im Tiefbau, etwa durch Artikel wie Schachtböden, Produkte zur Kanalsanierung, Ölabscheider, Pumpen-, Kabel- und Spezialschächte. Noch in 2009 ermöglicht die Fritschi-Akquise ACO Schweiz die Aufsetzung eines hochwertigen Straßenkanalgussprogramms. Insgesamt bietet die hochflexible Produktion in Gunzgen Möglichkeiten für neue Geschäftsfelder.
Im Edelstahlbereich akquiriert ACO Schweiz schon 2007 den Wettbewerber Hestag Entwässerungstechnik AG in Wangen. Die Ende 2008 abgeschlossene Integration bringt in der Schweiz die Marktführerschaft im Segment Entwässerung in Edelstahltechnik ein. Übrigens gehen nicht mehr benötigte Hestag-Maschinen 2009 auf Reise nach Dubai, zum Aufbau der dortigen Edelstahlfertigung.
Der Standort Netstal wächst in den 2010er Jahren gewaltig. Im Mai 2011 werden in Netstal 25.000 m² Gelände einer benachbarten Papierfabrik zugekauft, eine neue 5000 m² große Halle wird errichtet. 2017 startet der Bau einer weiteren Produktionshalle zur Erstellung einer auf Großteilfertigung ausgelegten Giessanlage, 2018 wird eröffnet.