Die Biographie von Käte Ahlmann bis 1946

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Von „Moder Ahlmann“ sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Carlshütte. „Frau Julius Ahlmann“ nennt sie sich selbst im Geschäftsleben – etwa in ihrer Korrespondenz – und bringt damit zum Ausdruck, dass sie das Werk ihres früh verstorbenen Mannes in seinem Sinne fortzuführen gedenkt, um es an ihre Söhne Hans-Julius und Severin weiterzugeben. Käte Ahlmann ist eine erfolgreiche Unternehmerin, deren Selbstverständnis sich in folgender Aussage zeigt: „Ob mir ein Mann seinen Sitz in der Straßenbahn anbietet, ist mir egal. Er soll mir einen Sitz in seinem Aufsichtsrat anbieten.“

Büste von Käte Ahlmann, 1963 von der Innsbrucker Bildhauerin Ilse Glaninger, Schwester ihres Schwiegersohns Max Halhuber, gefertigt.


Herkunft

Käte Ahlmann wird als Käte Braun am 5. Dezember 1890 in Köln geboren. Ihr Vater, Josef Braun, stammt aus einer angesehenen Familie von Fuhrunternehmern und Kaufleuten. Ihr Großvater, Ferdinand Braun, hatte 1862 links des Rheins eine Ziegelei mit Werkswohnungen gegründet und wenig später von der Gemeinde die Genehmigung erhalten, die Ansiedlung „Braunsfeld“ zu nennen. Auch die Familie von Kätes Mutter Aline, einer geborenen Langguth, ist bekannt – sie entstammt einer Dynastie von noch heute bekannten Winzern und Weingroßhändlern.

Kätes Eltern lernen sich zu Beginn der 1880er Jahre in Traben-Trarbach kennen, wo Josef Braun als Amtsrichter seine juristische Karriere beginnt, die ihn später bis auf die Position eines Senatspräsidenten beim Oberlandesgericht Köln führen wird. Trotz des Widerstands des evangelischen Brautvaters, der gegen die Verbindung seiner Tochter mit einem Katholiken ist, können Josef und Aline heiraten. Die Trauung findet am 17. April 1884 statt.

Kindheit und Jugend

Käte Braun (2.v.l.) mit ihren drei Schwestern Linu, Luise und Magdalene (v.l.).

Die 1890 geborene Catharina Aline, von allen immer „Käte“ genannt, wächst mit ihren älteren Schwestern Magdalene und Luise und der jüngeren Aline in Köln auf. Käte wird evangelisch getauft. Sie besucht die Töchterschule in der Antoniterstraße. Die Mutter erzieht ihre Töchter leistungsorientiert und streng. Früh werden die Mädchen zu hauswirtschaftlichen Arbeiten herangezogen, wenngleich der bürgerliche Haushalt über Personal verfügt. In ihrer knappen Freizeit gehen die Mädchen gern Schwimmen und spielen Tennis. Käte erlernt früh Klavierspielen und erhält daneben Unterricht in Geige und Gesang. Die Schulferien verbringen die Mädchen auf dem Niederreidenbacher Hof von Großmutter Langguth. Der Hof bleibt Käte ihr Leben lang als Kindheitsparadies in Erinnerung.

Obwohl Käte recht begabt ist, stellt sich für die Eltern nicht die Frage des Besuchs einer weiterführenden Schule. Zweckbestimmung einer höheren Tochter war die Ehe, und ihr Karriereziel nicht beruflicher Erfolg, sondern eine möglichst gute Partie. Nach dem Ende des Schulbesuchs, bleibt sie noch ein Jahr im elterlichen Haus, bevor die 16-jährige 1907 für ein Jahr nach Genf geschickt wird, um in der französischsprachigen Schweiz in einem Mädchenpensionat ihre Ausbildung zu vervollständigen, Sprachkenntnisse zu erwerben und selbständig zu werden.

Ihrem Wunsch gemäß beginnt sie nach ihrer Rückkehr im Mai 1908 eine zweijährige Ausbildung auf der Gartenbauschule für Frauen auf der Marienburg in Leutesdorf. Obwohl Gärtnerin zu dieser Zeit ein anerkannter Berufsweg für eine Tochter aus gutem Hause ist, gestatten ihr die Eltern dies nur mit Widerwillen.

Heirat mit Julius Ahlmann

1910 kehrt die inzwischen 20-jährige in ihr Kölner Elternhaus zurück. Im Frühsommer 1911 reist sie mit ihrer jüngeren Schwester Linu für mehrere Monate nach England. Nach ihrer Rückkehr macht sie bis Februar 1912 eine Ausbildung zur DRK-Krankenhelferin. Ende desselben Jahres stirbt ihre Mutter mit nur 48 Jahren an einer doppelseitigen Lungenentzündung – für die Familie ein schwerer Schicksalsschlag.

Bei einem Aufenthalt in Berlin trifft Käte im Oktober 1913 im Haus ihres Schwagers Carl Wuppermann dessen Regimentskameraden Julius Ahlmann wieder, den sie bereits vier Jahre zuvor bei der Hochzeit ihrer Schwester Magdalene mit Wuppermann kennengelernt hatte. Sie treffen sich mehrmals, unter anderem besucht man in Begleitung des Schwagers den „Rosenkavalier“ in der Staatsoper. Wenige Tage später, nachdem er sich zuvor bereits ihres Einverständnisses versichert hat, hält Julius Ahlmann in Köln bei Senatspräsident Braun offiziell um Kätes Hand an. Die Hochzeit zwischen Käte Braun und Julius Ahlmann findet am 28. Mai 1914 in der Christuskirche zu Köln statt.

Ehefrau und Mutter in Büdelsdorf

Käte Ahlmanns Reiseausweis aus dem Jahr 1916.

Das junge Ehepaar bezieht eine gemeinsame Wohnung im Haus von Johannes und Wilhelmine Ahlmann auf der Carlshütte in Büdelsdorf. Ihm bleiben nur wenige unbeschwerte Wochen – am 3. August 1914 zieht Reserveleutnant Julius Ahlmann in den Krieg. Ihren Mann sieht Käte in den kommenden Jahren nur auf dessen kurzen Fronturlauben. Sie ist weitgehend auf sich allein gestellt, die Schwiegereltern Wilhelmine und Johannes Ahlmann helfen. Käte macht den Führerschein und kümmert sich um den großen Garten, der heutige Nord-Art-Park am Teich.

Am 2. Dezember 1915 wird ihre erste Tochter Marlene geboren, zwei Jahre später, am 28. September 1917 die zweite Tochter Roseli. Im November 1918 kehrt ihr Mann von der Front zurück. Wenige Wochen später zieht sich dessen Vater Johannes Ahlmann aus der Geschäftsführung der Carlshütte zurück, Julius folgt ihm in der Leitung des Unternehmens nach. Käte bringt am 10. Februar 1919 ihr drittes Kind zur Welt, einen Sohn, der auf den Namen Hans-Julius getauft wird.

Käte engagiert sich in diesen Jahren gesellschaftlich: 1921 wird sie Kreisvorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins vom Roten Kreuz. Im Januar 1922 stirbt ihr Vater, ein Großteil seines Erbes geht infolge von Nachkriegsauswirkungen verloren. Zwei Jahre später kommt mit Josef Severin, von allen bald „Seppel“ genannt, ihr viertes Kind zur Welt. Nur wenige Monate später muss die Familie den Tod der siebenjährigen Tochter Roseli verkraften, die nach einer an sich gut verlaufenen Blinddarmoperation an den Folgen einer Übernarkotisierung stirbt.

1925 scheidet nach heftigem Dissens mit der Ahlmann-Seite der bisherige technische Direktor Rudolph Meyn aus. Die Meyns wirken in drei Generationen auf der Carlshütte und versuchten das Unternehmen in Alleinregie zu leiten. Julius wird alleiniger Direktor der Carlshütte und kann nun die seit längerem geplante Modernisierung des Unternehmens vornehmen: Zwei weitere Gießereien werden auf dem Gelände errichtet, ein Emaillierwerk und zahlreiche weitere Einrichtungen neu gebaut, das Sortiment erweitert und das Werk an das Überlandnetz der Stromversorgung angeschlossen.

Das Haus des Hüttengründers Markus Hartwig Holler auf dem Firmengelände, welches die Familie bewohnt, wird unter Kätes Regie zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt der Region. Doch das gemeinsame Familien- und Gesellschaftsleben von Käte und Julius Ahlmann findet ein jähes Ende. Im Sommer 1931 wird bei Julius Ahlmann ein Gehirntumor diagnostiziert, der sich als nicht kurierbar erweist. Er stirbt am 3. September 1931.

Übergang in Familienbesitz

Käte Ahlmann ist nun auf sich allein gestellt. Noch im Juni 1931 hatte ihr Mann ihr Generalvollmacht erteilt. Im Interesse ihrer minderjährigen Kinder ist sie entschlossen, sein Erbe in der Carlshütte fortzusetzen und das Unternehmen für die nachfolgende Generation zu erhalten. Julius besaß bei seinem Tod 43 Prozent der Hüttenanteile, die entsprechend einem Berliner Testament Käte als Erbin übernimmt. Sie kann sich mit dem Wunsch nach einem Vorstandsposten jedoch infolge erheblicher Vorbehalte gegen eine Frau in dieser Position nicht durchsetzen und wird lediglich Mitglied des Aufsichtsrats, in dem ihr Schwager Carl Wuppermann, Direktor der Deutschen Bank in Düsseldorf, den Vorsitz hat. Ein weiterer Schwager, Heinrich Athenstaedt, Ehemann ihrer Schwester Luise, wird in den folgenden Jahren zu ihrem wichtigsten Berater. Athenstaedt ist von den Nationalsozialisten wegen seiner politischen Haltung ins Abseits gedrängt und als Polizeidirektor Heidelbergs abgesetzt worden. Käte gewährt ihm gleichsam Asyl in Büdelsdorf., Die Familie ist auf vielfältige Weise in die Unternehmung eingebunden.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verhält sich die Familie firmenpolitisch entsprechend dem Motto: „Anpassung, wo es sein musste, um nicht aufzufallen und ausgegrenzt zu werden.“

1937 gelingt Käte Ahlmann die Umwandlung der Hollerschen Carlshütte in eine Kommanditgesellschaft. Sie kann dadurch eine befürchtete Kapitalerhöhung abwenden, welche sie als bisherige Hauptaktionärin in eine Minderheitenposition gebracht hätte. Zugleich übernimmt Käte, finanziert durch Kredite, die Anteile der bisherigen Miteigentümer. Die Carlshütte mit über 1.600 Beschäftigten geht dadurch in den alleinigen Besitz der Familie Ahlmann über. Käte wird mit 92,33 Prozent der Anteile persönlich haftende Komplementärin, ihr Schwiegervater Johannes Ahlmann mit 7,67 Prozent der Kommanditist. Im selben Jahr tritt sie auch in die NSDAP ein.

Hüterin der Hütte

1938: Drei Generationen auf einem Bild anlässlich der diamantenen Hochzeit von Kätes Schwiegereltern Johannes und Wilhelmine Ahlmann. Neben den Jubilaren rechts Käte, links ihre Tochter Marlene, hinten stehend die beiden Söhne Hans-Julius (links) und Severin.

Bei der Leitung der Carlshütte kann „Frau Julius Ahlmann“ sich in den folgenden Jahren auf die hohe Fachkompetenz technischer und kaufmännischer Direktoren stützen. Bereits 1937 ist man aufgrund von Rohstoffmangel gezwungen, auf der Hütte alternative Wege zu gehen und auch Produkte aus Beton und Marmorkorn zu fertigen. Eine Neuerung, die sich auf die Erträge jedoch nicht negativ auswirkt, 1937 wird ein Rekordjahr. Seit 1938 ist die Carlshütte offiziell „Wehrwirtschaftsbetrieb“, auf die Produktion hat dies jedoch zunächst keine Auswirkungen.

Im Jahr 1939 stirbt Kätes Schwiegervater Johannes. Der älteste Sohn Hans-Julius beginnt kurz nach Kriegsausbruch seine Ausbildung bei der Artillerie. Kätes Tochter Marlene heiratet im Oktober Rudolf-August Oetker. Im Jahr darauf wird das erste Enkelkind geboren, das nach der früh verstorbenen Schwester der Mutter Roseli genannt wird. Die Ehe der beiden ist jedoch nur von kurzer Dauer. Nach der Scheidung wird Marlene 1944 eine zweite Ehe mit dem Tiroler Arzt Dr. Max-Josef Halhuber eingehen. Im Laufe der Jahre werden dem Paar fünf Kinder geboren.

Im Oktober 1941 wird auf Kätes Initiative die Firmierung der Hütte geändert: Statt „Holler´ sche Carlshütte bei Rendsburg“ heißt sie nun „Ahlmann-Carlshütte K.G.“ Zugleich wird ihr Sohn Hans-Julius Prokurist. Der bisherige Direktor Hinrich Bosse wird entlassen. Käte Ahlmann übernimmt nun selbst, mitten im Krieg, die Leitung des Betriebs. Sie wird sie 22 Jahre lang inne haben. Die Kriegsjahre sind geprägt von der Umstellung auf Rüstungsproduktion. Dabei werden auch Zwangsarbeiter beschäftigt, darunter zahlreiche Frauen.

Zu einem Quell der Freude werden für Käte in diesen Kriegstagen die Enkeltochter Roseli Oetker und ihre Nichte Lising Pagenstecher, Tochter ihrer jüngsten Schwester Linu. Beide leben in dieser Zeit bei ihr auf der Carlshütte. Ihr jüngster Sohn, Severin, meldet sich 1942 freiwillig zu den Panzerjägern, sein älterer Bruder Hans-Julius steht zu dieser Zeit in Nordafrika, wo er Ende Oktober 1942 verwundet wird. Im Mai 1943 gerät er in amerikanische Kriegsgefangenschaft – für Käte eine Erleichterung, ist die Gefahr, dass der prospektive Nachfolger im Krieg fällt, damit fürs erste gebannt.

Neuanfänge nach 1945

Den Zweiten Weltkrieg übersteht die Carlshütte weitgehend unbeschadet, von Luftangriffen blieb das Werk verschont. Die Familie muss jedoch vorübergehend ihren angestammten Wohnsitz verlassen, den die Briten in Anspruch nehmen. Käte nimmt im Direktorenhaus bei ihrer Schwiegermutter Quartier.

Der Betrieb auf der Hütte ruht bei Kriegsende nur 2 ½ Tage, danach wird die Produktion wieder aufgenommen. Der Bedarf an zivilen Gütern ist nun hoch, das Land muss wieder aufgebaut werden. Im Lauf des Jahres 1946 steigt die Nachfrage nach Verbrauchsgütern merklich, darunter Öfen, Haus- und Küchengeräte und Badewannen.

Noch im Jahr 1945 kann Käte ihren Sohn Severin wieder in die Arme schließen, der unversehrt nach Büdelsdorf zurückkehrt. Sein Bruder Hans-Julius folgt Anfang 1946.

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